„Inspektionen werden eines der Hauptsegmente für Drohnenanwendungen“

Interview Nicolas Chibac,1980 in Flensburg geboren, hat sich nach der Schule und Zivildienst direkt selbstständig gemacht, arbeitete rund zehn Jahre frei in der Touristikwerbung und hat dabei rund 50 Länder bereist. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Unternehmen SpiceVR, Spherie sowie dem Virtual Reality Headquaters mit insgesamt 25 Mitarbeitern und Sitz in der Speicherstadt in Hamburg.

Herr Chibac, Sie haben mit Ihrem Bruder zunächst SpiceVR gegründet, später das Unternehmen Spherie, an dem sich die HHLA mit 25 Prozent beteiligt hat. Wie war ihr Weg zum Filmen mit der Drohne und der Spezialisierung auf die Weiterentwicklung von Drohnen-Technologie?
Nach meiner Zeit in der Werbung für Tourismus-Destinationen weltweit wollten mein Bruder und ich zusammen mit der Gründung unseres Unternehmens SpiceVR neue Wege im Bereich 360°-Film gehen. Dazu haben wir mit dem 3D-Drucker und GoPros selbst 360°-Kameras gebaut. Basierend auf den funktionierenden selbstgebauten 360°-Kameras habe ich das Konzept für eine unsichtbare 360°-Drohne entwickelt. 

Auf der Internet-Konferenz re:publica in Berlin habe ich dann die Gründer von Wingcopter aus Darmstadt kennengelernt. Zusammen mit Jonathan Hesselbarth entwickelte ich den ersten Prototypen der Drohne, den wir als umfangreiches Patent angemeldet haben und der uns mit dem Funktionieren zur Gründung von Spherie führte. Es folgte der Einzug ins Finale des international bekannten Technologie-Festival South by Southwest (SXSW) in Austin/Texas und eine Innovations-Förderung von der Hamburgischen Innovations und Förderbank (IFB).

Dann kamen wir mit der HHLA in Kontakt, mit deren Beteiligung an unserem Unternehmen im Jahr 2018 wir weitere Entwicklungsschritte machen konnten: beispielsweise in Projekten wie 3D-Scans von Containerbrücken oder ein Digitaler Zwilling in Form eines interaktiven 3D-Modells der Speicherstadt. Die Beteiligung der HHLA ist wichtig, um unsere Technologie weiterentwickeln zu können – unter anderem haben wir die Flugzeit von drei auf 25 Minuten verlängert und arbeiten jetzt mit einer deutlich verkleinerten Drohne.

Was zeichnet Spherie aus und wo sehen Sie mit Ihren Drohnen die größten Potenziale für Anwendungen?
Wir sind sehr Technologie-getrieben und entwickeln unsere Drohnen selbst immer weiter. Inzwischen können wir vollsphärische bewegte Bilder erzeugen, die spektakuläre Einblicke in die Welt erlauben. Wir schaffen es, unsere Drohnen wie fliegende Stative gerade durch Räume zu navigieren und bis zu einer Auflösung von 8K zu drehen – und man kann später die Ansichts-Perspektive wechseln. Im Indoor-Bereich kann ich mich perspektivisch an jede Stelle im Raum per VR bewegen und dort in alle Richtungen blicken. Wo wir langfristig den größten Business-Case sehen, ist, dass sich die Drohne autonom durch den Raum bewegt und eine vollsphärische 3D-Erfassung der Umgebung macht. Für Inspektionen, 3D-Modelle, oder um Digital Twins zu bauen. 

Welche Geschäftsmodelle sehen Sie im industriellen Bereich?
Im Outdoor-Bereich bin ich mir sicher, dass die Inspektion eines der Hauptsegmente für Drohnenanwendungen sein wird. Die Stellen, die Menschen nur schwer erreichen können und wo bisher Industriekletterer unterwegs waren, beispielsweise Industrieanlagen. Unsere Spherie-Drohne eignet sich aufgrund ihrer kleinen Maße und der Rundumsicht aber auch besonders für den Indoor-Bereich und kann sich hier deutlich von Mitbewerbern abheben.

Ziel ist es irgendwann, dass die Drohne komplett autonom fliegt. Vor allem dort, wo Menschen nicht hin möchten: Tunnel, Röhren, Kanalsysteme. Wo es schnell gehen soll und immer wieder die gleichen Dinge erfasst werden müssen. All diese Orte werden wir künftig viel effizienter und genauer inspizieren. Mit einem starken Background in der Werbung und dem Tourismus entwickeln wir uns immer mehr in den Industrie-Bereich hinein.

Wie sehen Sie den Drohnen-Standort Hamburg?
Hamburg ist schon ein Drohnen-Cluster und hat viele Aktivitäten. Die Chance unserer Stadt sind der Hafen und der industrielle Bereich, auch weil dort die Akzeptanz von Bürgern nicht immer direkt erforderlich ist. Datenschutz ist ja ein großes Thema: Keiner will, dass Drohnen ständig vor der eigenen Haustür herumfliegen. Es kommen spannende Drohnen im Transportbereich aus Deutschland, wie zum Beispiel Wingcopter.

Aber ich sehe Deutschland nicht als den größten Markt für Transportdrohnen, dafür ist unsere Infrastruktur viel zu gut und die Besiedelungsdichte zu hoch – anders als in den USA oder Afrika, wo entfernt gelegene Orte mit Drohnen dann gut erreicht werden. Immer mehr Firmen auch aus Hamburg entdecken die Vorteile vom Filmen per Drohne. Beispielsweise sind wir für die Harburger Firma Garz & Fricke durch die Produktion geflogen und haben so spektakuläre Bilder geliefert.

Welche Bedeutung hatte der ITS-Weltkongress in Hamburg für Sie?
Der Austausch war wichtig, auch an unserem Stand. Außerdem haben wir für alle präsentierten Mobilitätsprojekte erklärende Animationen und 360°-Flüge zu den Standorten in Hamburg erstellt. Auch nach dem Kongress kann man weiterhin virtuell zu den Hamburger Projekten reisen.

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