Süßer Gruß aus dem Hafen

Auf dem Containerterminal Altenwerder arbeiten fleißige Bienen. Seit fünf Jahren betreut der Stadt-Imker Stephan Iblher die zehn Bienenstöcke. Doch wo finden die Tiere zwischen Schiffen, Kränen, Lkw und Containern Nektar für den Honig?

Die wenigen sichtbaren Mitarbeiter auf dem Container Terminal Altenwerder (CTA) findet man in den gläsernen Kanzeln der 14 Containerbrücken. Ruhig und gleichmäßig ziehen die Ausleger der Brücken ihre Bahnen über die Schiffsdecks, nehmen Stahlboxen auf und befördern diese an die Kaikante. Der weitere Transport der großen Metallkisten erfolgt voll automatisch.

Weitaus hektischer geht es am südlichen Rand des über eine Millionen Quadratmeter großen Geländes zu. Hier summt und schwirrt es in der Luft. Rund um zehn kleine Holzkisten herrscht rege Betriebsamkeit. Mehrere tausende Mitarbeiter sind an diesem Ort des Hafens aktiv. Sie sind klein, tragen von Natur aus gelb-schwarze Schutzwesten und können fliegen: Es sind Bienen-Völker.

Obstbäume an der Kirche

Ihre Logistikaufgabe am CTA sieht etwas anders aus als Container umzuschlagen. Die Bienen sammeln in der Umgebung der Anlage Nektar und Honigtau. Auf einem Industriegelände mit Schiffen, Kränen, Containern, Lkws und dem weltgrößten Güterbahnhof ist das kein leichter Job, sollte man denken.

„Aber das täuscht", sagt Imker Stephan Iblher, "Rund um die Kirche im Altenwerder stehen viele Obstbäume, der Moorburger Elbdeich sowie einige Industriebrachen in der Umgebung bieten eine Vielfalt von Linde bis Rosskastanie."

Der 57-jährige ist im Haupterwerb Imker und betreut 13 weiteren Standorte im Hamburger Stadtgebiet. Am CTA sammelten seine fleißigen Mitarbeiter im vergangenen Jahr Honig für 70 Gläser Hafengold.

Dabei ging es dem Erfinder des Hafen-Honigs - HHLA Nachhaltigkeitsbeauftragter Jan Hendrik Pietsch - weniger um ein originelles Geschenk als um eine gesunde Natur. Pietsch wollte vor allem die Biodiversität im Hamburger Hafen fördern. Der Nachhaltigkeitsbeauftragte der HHLA hatte deshalb die Idee, einem Imker Raum für Bienen auf dem CTA zur Verfügung zu stellen. Pietsch suchte über die HHLA-Mitarbeiterzeitung und der Artikel landete bei Iblher. Das ist inzwischen fünf Jahre her.

Der Imker nahm sich ein Beispiel am Automationsgrad des Terminals. Aus Waage, Solarzelle und Telefon baute er für einen der zehn Bienenstöcke eine Fernüberwachung. "Ich bekomme zwei Mal am Tag das Gewicht der Kiste übermittelt", sagt Iblher. Ein wichtiger Wert für den Imker, an dem er ablesen kann, wie schwer der Honigraum ist und wann seine Anwesenheit vor Ort erforderlich ist. Rund 18 Mal pro Jahr kommt er zum CTA, streift sich seine gelbe Warnweste über die Imker-Schutzkleidung und öffnet die Kisten. Wenn die Bienen außerhalb der Blütezeit nicht ausreichend Futter finden, füllt er Zuckerwasser nach. Er schaut nach dem Nachwuchs und entnimmt zur Ernte die Waben. Ansonsten lässt er die Tiere in Ruhe.

 

Die Bienen sind Bio-Filter.

Stephan Iblher, Stadt-Imker

Mit der direkten Nachbarschaft zu Emissionen von Schiffen und Lkw kann man nicht glauben, dass hier ein gesundes Lebensmittel entsteht. Doch Iblher winkt ab: "Die Bienen sind Bio-Filter." Der Nektar wird in der Honigblase der Biene gereinigt, Rückstände enden im Wachs der Waben. Die HHLA testet den Honig jedes Jahr auf Schadstoffe, bislang gab es keinerlei Beanstandungen. Pestizide sind kein Thema, da die Pflanzen in der Umgebung wild und unbehandelt wachsen. Der CTA ist der erste klimaneutrale Containerterminal der Welt. An allen Stellen, wo elektrische Energie benötigt wird, kommt Ökostrom zum Einsatz. Wo jetzt noch fossile Treibstoffe verbrannt werden, kompensiert das die HHLA durch den Kauf von Zertifikaten für umweltfreundliche Projekte, etwa zur Aufforstung des Regenwaldes in Panama.

Vom Tischler zum Imker

Schon Iblhers Urgroßvater war Imker. Doch dieser Kreis sollte sich erst im zweiten Anlauf schließen. Denn der Hamburger wollte nie in die Landwirtschaft. Stephan Iblher absolvierte zunächst eine Tischlerlehre und baute einen Betrieb für Büromöbel mit 15 Mitarbeitern auf. "Das wurde irgendwann wirtschaftlich immer schwieriger, weil Kunden ihre Rechnungen nicht mehr pünktlich bezahlten", erzählt er rückblickend. Nach der Geburt seines ersten von drei Kindern absolviert er einen Imkerkurs. Es sollte ein Hobby, ein Ausgleich zum Beruf sein. "Aber es hat mir so viel Freude bereitet, dass irgendwann der Entschluss fiel, umzusatteln", sagt Iblher.

Er hat seine Entscheidung bis heute nicht bereut. Begeistert berichtet der Imker, wie er mal einen Fasan beim Brüten neben einem Bienenstock beobachtet hat. „Ich bin 30.000 km im Jahr im Stadtgebiet unterwegs und die Tätigkeit an der frischen Luft hält mich fit“, sagt Iblher. Die meiste Arbeit am Produkt übernehmen zwar seine kleinen Mitarbeiter, doch das Aufstellen und Ausbessern der Holzkisten, den Futter-Sirup einfüllen und das Entnehmen der Ernte zwei Mal pro Jahr an 14 Standorten ist körperliche Arbeit.

82 Bienen-Stiche

Wo genau seine anderen Völker stehen, möchte  Iblher nicht preisgeben, da er bereits mit Diebstahl und Vandalismus im öffentlichen Raum Probleme hatte. Nur so viel: Rund um den Großmarkt, am Jenischpark und auf dem Ohlsdorfer Friedhof sammeln seine Völker Nektar. Sein Ziel ist der Ausbau auf 300 Völker, das wären bis zu 18 Millionen Bienen. Erst dann rechnet sich das Geschäft für seine Imkerei Elbgelb.

Nur eine Sache mag Ilbher an seinem Beruf nicht: Die Bienen-Stiche. "Viele meinen, als Imker wird man irgendwann immun dagegen. Aber kann man gegen Schmerzen immun werden?", fragt er. Seine Bilanz trotz Schutzkleidung für dieses Jahr: 82 Stiche. Kooperative Mitarbeiter stellt man sich anders vor.

Die Imkerei elbgelb

Veröffentlicht: 13.08.2020

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