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Die neue Dimension des Containerumschlags im Baltikum erreichte den estnischen Hafen Muuga auf einem Spezialschiff, das aus Hamburg kam. An Bord zwei Containerbrücken vom HHLA-Terminal Burchardkai. Sobald sie auf den Kai gezogen und einsatzbereit waren, sollten sie erstmals in Estland die Abfertigung von Containerschiffen mit einem Ladevolumen von 14.000 Standardcontainern (TEU) ermöglichen. Doch bis sie dann tatsächlich den ersten Container von Bord eines Großschiffes hoben, musste das A-Team von HHLA TK Estonia noch einige unerwartete Probleme lösen.
Für Dmitri Baschkow und Tönis Segerkrantz begann alles mit „einer Woche voller Kopfschmerzen“. So fasst es Baschkow zusammen, der sich „Elektriker mit ein wenig Software-Kenntnissen“ nennt. Sein Chef Segerkrantz erinnert sich: „Als wir die Containerbrücken in Betrieb nehmen wollten, lieferten sie uns jede Menge Fehlermeldungen, die wir nicht kannten. Wir verstanden noch nicht, was die Technik uns sagen wollte.“
Sie waren im Hamburger Hafen im Einsatz, jetzt zählen sie zu den größten Containerbrücken im Baltikum. Wie kamen sie nach Estland? Im Video sehen Sie die Verladung und Schiffsreise der 73 Meter hohen Kräne über die Ostsee.
Die "neuen" Kräne waren eigentlich nicht neu, sondern bereits viele Jahren in Hamburg im Einsatz gewesen. Vor Ankunft dieser größeren, von Kocks hergestellten Anlagen, hatte HHLA TK Estonia drei kleinere Kräne von Konecranes in Betrieb. Deren Software funktionierte jedoch anders als die im Prinzip ähnlichen des Herstellers Kocks. Doch ohne Computersteuerung bewegt sich bei den riesigen Geräten praktisch nichts.
Nicht einmal der Lift sprang an. Baschkow musste in den ersten Tagen die Notleiter im Inneren der Portalkonstruktion nehmen, um die zimmergroße Steuerzentrale oben auf der Brücke zu erreichen. Nach der Kopfschmerz-Woche, in der er Handbücher studierte, sich mit Kollegen in Hamburg austauschte und vieles ausprobierte, konnte endlich der Brückenausleger bewegt werden.
Der Ausleger wurde gebraucht, um die 1.400 Tonnen schwere Stahlkonstruktion im Gleichgewicht zu halten, während sie aufgebockt wurde. Containerbrücken fahren auf Schienen, doch die Spurweite der vorhandenen Gleise passte nicht. Viel effizienter, als ein neues Gleis zu legen, war die Verkürzung der Spurweite des Krans von 35 auf 30 Meter.
Eine heikle Operation, aber gründlich geplant, wie alle Schritte auf dem Weg der Brücke von Hamburg nach Tallinn. Im Hamburger Projektteam arbeiteten 10 Spezialisten, in Tallinn vier weitere. "Wir haben versucht, mögliche Hindernisse und Probleme vorherzusehen", erinnert sich Segerkrantz. "Zum Beispiel wurde die Inspektion mit der Behörde schon Monate vor dem Umbau der Kräne begonnen. Das hat uns viel Zeit erspart, denn vor Ort waren nur noch eine Überlastprüfung und eine Sichtprüfung erforderlich.“
Nichtsdestotrotz war es „learning by doing“, wie Baschkow lakonisch kommentiert. Der TK-Chefingenieur Segerkrantz grinst ein wenig und ergänzt: „Improvisieren gehört bei uns dazu. Wir haben den harten Weg genommen, aber schließlich hat er uns auch ans Ziel geführt.“
Noch härter und außerdem komplett vereist wurde der Weg dann, als der nordische Winter kam. Die Wellen schlugen an die Kaikante und gefroren bis zu einem Meter hoch. Die Arbeit wurde wirklich unangenehm, doch sie ging weiter.
Schließlich kam der langerwartete estnische Kraninspekteur. Containerbrücken wie die aus Hamburg waren bislang in Estland noch nicht eingesetzt worden, deshalb mussten sie eine behördliche Prüfung durchlaufen. Jedes Detail wurde getestet, und beim ersten Durchlauf zeigten sich noch einige Fehler. Doch das HHLA-TK-Team blieb hartnäckig und konnte schließlich stolz vermelden: die offizielle Erlaubnis liegt vor!
Als erste ihrer Art wurden „Alpha“ und „Bravo“ in das estnische Kranregister aufgenommen. Auf diese Namen wurden die Umschlaggeräte am 31. Mai 2022 vom estnischen Minister für Wirtschaft und Kommunikation, Taavi Aas, und der HHLA-Vorstandsvorsitzenden Angela Titzrath offiziell getauft. „Die ersten Buchstaben des Funk-Buchstabieralphabet stehen symbolisch für den Beginn einer Reise, die Tausende Container hier in Estland antreten oder die aus der weiten Welt letztlich hier ankommen“, sagte Riia Sillave, CEO von HHLA TK Estonia auf der Feier.
Ohne ihr A-Team wäre das alles nicht möglich gewesen. Chefingenieur Segerkrantz und der technikverliebte Baschkow stehen nach der Feier stolz auf dem Ausleger der Brücken und blicken über das weitläufige Terminalgelände auf die Ostsee. Regenwolken ziehen auf, doch Baschkow lächelt. „Ich liebe diese riesigen Kräne“, sagt er. „Und ich die Gelegenheit, immer wieder an etwas Neuem zu arbeiten, das wir gemeinsam anpacken“, ergänzt Segerkrantz. „Wirklich außerordentlich, unser Team!“
Veröffentlicht im Juni 2022