FRESH: stabile Netze dank AGV

Das Forschungsprojekt FRESH ist auf dem weltweit ersten zertifiziert klimaneutralen HHLA Container Terminal Altenwerder (CTA) gestartet. Die Batteriekapazitäten von automatisierten Containertransportern (AGV) sollen als flexible Speicher in das deutsche Energienetz eingebunden werden und zur Netzstabilität bei der Stromversorgung beitragen.

Die Sicherstellung von Netzstabilität ist eine der größten Herausforderungen der Energiewende. Wird zum Beispiel mehr Sonnen- oder Windenergie eingesetzt, kommt es durch unterschiedliche Windstärken oder Stärke der Sonnenstrahlung zu Schwankungen. Sie müssen abgefedert werden, um eine stabile Netzfrequenz zu gewährleisten.

FRESH kann zu einer Lösung beitragen. Die HHLA erforscht mit der Next Kraftwerke GmbH, einem der größten virtuellen Kraftwerksbetreiber Europas, inwieweit die etwa 100 AGV auf dem CTA zur Netzstabilität beitragen können. Freie AGV könnten in weniger aufkommensstarken Zeiten die Kapazitäten ihrer schnellladefähigen Lithium-Ionen-Batterien als mobile Stromspeicher bereitstellen. Sie helfen damit, eine stabile Frequenz von 50 Hertz (Hz) im Stromnetz zu gewährleisten.

Containertransporter als mobile Stromspeicher

Eine der größten Herausforderungen bei der Umsetzung der Energiewende in Deutschland ist die Gewährleistung von Netzstabilität. Mittlerweile liegt der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Strommix bei über 40 Prozent¹. Diese Entwicklung verlangt von den Netzbetreibern technische Lösungen, damit Unternehmen und Verbraucher zu allen Zeiten stabil mit Strom versorgt werden können. Eine von diesen Lösungen könnte FRESH sein, was für Flexibilitätsmanagement und Regelenergiebereitstellung von Schwerlastfahrzeugen im Hafen steht.

Wiebke Offermann von der CTA-Terminalentwicklung, hat bei der HHLA 2020 das FRESH-Projekt übernommen.

Schwankungen müssen abgefedert werden

Im Gegensatz zu mit fossilen Energieträgern betriebenen Kraftwerken, die je nach Bedarf Strom liefern können, ist dies bei erneuerbaren Energien nicht garantiert. Wetterabhängige Energiequellen wie Wind oder Sonne sind nicht immer vorhanden. Das führt zu Schwankungen, die abgefedert werden müssen, um eine gleichbleibende Versorgungssicherheit und stabile Frequenz von 50 Hertz (Hz) im Stromnetz zu gewährleisten.

Was passiert, wenn die Netzfrequenz zu stark von der 50-Hz-Norm abweicht, zeigte sich im Frühjahr 2018: Kleine Schwankungen führten vor einem Jahr dazu, dass Radiowecker und Herduhren nachgingen. In der Folge kam es europaweit zu Verspätungen in Schulen und Büros, weil Menschen von einer falschen Uhrzeit ausgingen. Bei zu starken Abweichungen der Netz- frequenz vom Idealwert droht im schlimmsten Fall ein Zusammenbruch der Stromversorgung – ein Blackout.

Virtuelle Kraftwerke sollen die Schwankungen ausgleichen. Sie vernetzen digital unterschiedliche Stromproduzenten und Stromverbraucher und bündeln die Leistungen und Bedarfe der Teilnehmer. Kann beispielsweise ein Solarpark aufgrund der Witterung nicht ausreichend Strom liefern, dann wird parallel die Stromproduktion aus einer Bioenergieanlage hochgefahren. Bläst der Wind besonders stark, kann auf stationäre Energiespeicher zurückgegriffen werden, um den überschüssigen Strom aufzunehmen.

Pionierarbeit auf dem Feld der Netzstabilität

Erstmals ermittelt nun die Hamburger Hafen und Logistik AG gemeinsam mit der Next Kraftwerke GmbH, einem der größten virtuellen Kraftwerksbetreiber Europas, inwieweit industriell genutzte, mobile Batteriekapazitäten an das deutsche Stromnetz angeschlossen werden können, um Primärregelleistungen² unter wirtschaftlichen Bedingungen für die Netzstabilität zu erbringen. Der Terminalbetrieb darf dabei nicht beeinträchtigt werden.

Bis zum Jahr 2022 sollen die etwa 100 AGV, die auf dem Terminal Altenwerder für den Transport von Containern verwendet werden, vollständig auf schnellladefähige Lithium-Ionen-Batterien umgestellt sein, was mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wird. Rein rechnerisch könnten sie an den dann 18 Stromtankstellen auf dem CTA eine Leistung von 4 Megawatt dem Strommarkt zur Verfügung stellen.

Mehr zu den Batterie-AGV

Umdenken. Vorausdenken. Weiterdenken.

Megatrends und unsere neuen Geschäftsfelder Automatisierung, Künstliche Intelligenz, Vernetzte Lieferketten, Drohnentechnologie und Wasserstoff.

Innovationen bei der HHLA

Freie AGV könnten als mobile Stromspeicher genutzt werden

„Natürlich ist das nicht ihre vorrangige Aufgabe, sondern der Transport von Containern. Aber in weniger aufkommensstarken Zeiten könnten freie AGV ihre Batteriekapazitäten als mobile Stromspeicher zur Gewährleistung der Netzstabilität bereitstellen“, sagt Wiebke Offermann.

Gemeinsam mit Next Kraftwerke, dem Informatikinstitut OFFIS in Oldenburg und der Universität Göttingen entwickelt die HHLA im Rahmen des dreijährigen FRESH-Projekts eine Prozess- und Softwarelösung für den Strommarktzugang. Das Förderprojekt, das vom Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Technologieprogramms „IKT für Elektromobilität III“ mit Fördermitteln in Höhe von ca. 1,4 Mio. Euro unterstützt wird, soll die Anforderungen von virtuellem Kraftwerk und störungsfreiem Terminalbetrieb digital steuern.

„Ob AGV-Kapazitäten frei sind, richtet sich nach der Terminalauslastung. Diese hängt wiederum von solchen Faktoren wie Schiffsfahrplänen, Wetter- und Tidebedingungen, Verkehrsaufkommen und Ladezyklen der AGV ab“, so Wiebke Offermann. All diese Parameter müssen mit einfließen, um zuverlässige, effiziente und vor allem automatisierte Abläufe zu entwickeln. „Auf diese Weise können wir recht präzise voraussagen, wann und wie lange AGV an den Stromtankstellen andocken können, um – wenn es das Energienetz erfordert – Strom entweder abzugeben oder aufzunehmen.“

¹ Jahresauswertung zur Stromerzeugung vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme

² Um die Normalfrequenz von 50 Hertz im bundesdeutschen Stromnetz jederzeit halten zu können, benötigen die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber ein Werkzeug, das unvorhergesehene Schwankungen in Sekundenschnelle ausgleichen kann. Dieses Werkzeug ist die Primärreserve (auch Primärregelleistung), die innerhalb von 30 Sekunden verfügbar sein muss, um einen Stromausfall verhindern zu können. Somit ist die Primärreserve die erste zu aktivierende Regelenergieart und die unmittelbare Maßnahme auf eine Abweichung der Netzfrequenz.