Struktur und Architektur

Die mittelalterliche erscheinende Gestaltungselemente der Fassaden, neugotische Formen sowie die vertikale Baugliederung, werden nach ihrem Hauptvertreter Conrad Wilhelm Hase in der Kunstgeschichte als "Hannoversche Schule" bezeichnet.

1885 wurde Franz Andreas Meyer (1837-1901), Schüler der "Hannoverschen Schule", zum Berater der Hamburger Freihafen-Lagerhaus-Gesellschaft (der heutigen HHLA), der Eigentümerin der Speicher, ernannt. Durch diese Autorität konnte Franz Andreas Meyer sämtliche Pläne für die Speicherstadt in technischer, konzeptioneller sowie gestalterischer Hinsicht begutachten und die Entwürfe in seinem Sinne lenken. Auf diese Weise erlangte die Speicherstadt eine große architektonische Einheitlichkeit. Das einheitliche Erscheinungsbild entstand auch durch die ähnliche Gebäudekonstruktion, annähernd gleiche Firsthöhe von ca. 20 Metern und das verwendete - typisch hanseatische - Baumaterial, den roten Klinker. Die Außenwände und Deckenstützen sind auf Holzpfählen gegründet, die mit Dampframmen in den Marschboden getrieben wurden. Das Verwaltungsgebäude der HFLG ruht beispielsweise auf 463 Holzpfählen.

Das Rathaus der Speicherstadt

Das neue Verwaltungsgebäude der HFLG wurde zwischen 1902 und 1904 nach Entwürfen von Johannes Grotjan und der Firma Hanßen & Meerwein erbaut. Die Architekten wirkten auch maßgeblich am Hamburger Rathaus mit, was dem Gebäude Bei St. Annen eine erkennbare Ähnlichkeit und den Beinamen "Rathaus der Speicherstadt" eintrug. Die Fassade wird dominiert von Zitaten aus der Gotik und der niederländischen Renaissance, ergänzt durch zahlreiche Schmuckelemente und einen Uhrenturm.

Neben den Speichern und Kontoren befinden sich weitere Einzelgebäude der Vor- und Nachkriegszeit im Areal. Für das Gesamtbild sind diese meist kleineren Gebäude - mit Ausnahme des Kesselhauses - nicht entscheidend, doch entsteht durch sie ein reizvoll konträres Bild zu den massigen Speicherreihen. Besonders hervorzuheben ist hier das Wasserschlösschen an der Dienerreihe (1905-1907) und die Kaffeebörse im Zentrum der Speicherstadt, erbaut von Werner Kallmorgen (1955/56).

Bauliche Nüchternheit der 1950er Jahre

Die wiederaufgebauten Speicher der Nachkriegszeit integrierten sich in Anlehnung an die Struktur der alten Speicher in das Gesamtbild der Anlage, zeichnen sich aber durch die Stilelemente und die bauliche Nüchternheit der 1950er Jahre aus. Die Gebäudeetagen der Speicher werden als Böden bezeichnet, darunter befindet sich der so genannte Raum, ein Hochparterre oder Erdgeschoss, sowie ein Keller. Die Speicher verfügen über fünf bis sieben Lagerböden. Die Keller sind durchschnittlich 2,90 bis 3,20 Meter, die Räume 4,00 Meter und die Böden 2,95 Meter hoch. Die Lagerflächen der Böden liegen zwischen 400 und 800 Quadratmeter, die mehrheitliche Raumtiefe beträgt ca. 25 Meter mit einer Raumbreite zwischen 20 und 30 Meter. Ausnahmen sind Gebäude, die als Kontor geplant waren. Dieser Teil der Speicher ist durch eine repräsentativ gestaltete Fassade und große Sprossenfenster erkennbar. Denkmalschutzbestimmungen legen jedes Detail fest, beispielsweise die goldenen Lettern für den Firmennamen auf der Klinkerfassade oder die schwarzen Eingangsschilder mit goldenen Buchstaben.

Das Gebiet der Kehrwiederspitze wurde in den 1990er Jahren mit dem Hanseatic Trade Center bebaut. Die Neubauten des großflächigen Bürokomplexes wie auch das Anfang 2000 entstandene Kopfgebäude des Block X und das neue Parkhaus (ehemaliger Teil des Speichers O) nehmen Baustruktur, Material und Gebäudekanten der Speicher auf. Damit gliedern sie sich in das Bild der historischen Speicherstadt ein.