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Interview mit Clemens Raabe, geboren 06.03.1936
Kapitän und langfristige HHLA-Führungskraft, ab 1967 Leiter des Burchardkais, später in der HHLA-Zentrale für Vertrieb und Marketing zuständig.
Können Sie sich noch an den ersten Container im Hamburger Hafen erinnern?
Der erste Container kam noch als Decksladung mit einem konventionellen Stückgut-Schiff und wurde mit dem üblichen Schiffsgeschirr umgeschlagen.
Das war 1966 am Burchardkai?
Ja, Ende der 60-iger Jahre hatten wir dort ein Multi-Purpose-Terminal, das für den spezialisierten Containerumschlag umgebaut wurde. Die Containerentwicklung verlief dramatisch rasant. Der Liegeplatz 3 wurde mit den ersten Containerbrücken ausgerüstet, die man damals am Markt erwerben konnte.
Welche Schiffe und Mengen fertigten sie damals ab?
Im Herbst 1968 kamen schon 4 bis 5 Vollcontainerschiffe pro Woche zum Burchardkai, Schiffe von der USL, dem britischen Konsortium OCL sowie der schottischen Reederei Ben Container Line. Hapag Lloyd spezialisierte sich sehr schnell mit der „Sydney”- und „Melbourne”-Express. Die hatten anfangs eine Kapazität von 780 TEU und dann 1.000 TEU im Nordamerikaverkehr, in der Relation Australien wurden recht bald Containerschiffe mit 1.660 bis 1.800 TEU eingesetzt. Dann kamen die Schiffseinheiten der dritten Container-Genartion in der Fernost- Asien-Relation hinzu. Vor allem die japanischen Reeder wie MOL oder NYK, aber auch Evergreen aus Taiwan.
Wie kam die neue Technik bei den Mitarbeitern an?
Die alten „Recken“ - die Hafenarbeiter, die vorher richtig schleppen mussten - sowie die aufsichtführenden Lademeister wurden schnell auf die neue Technologie umgeschult. Anfangs wurden die Behälter noch mit einem Unikat der Firma „Coles”, einem technischen Monstrum mit schwenkbaren Telekoparmen, der sich selbst Container aufsatteln konnte, auf die Bahn umgeschlagen. Sehr bald führten wir die Van-Carrier als Tranport- und Stapelfahrzeuge ein, die aber zu Anfang nur 2 -hoch stapeln konnten. Mit diesen Van-Carriern wurden auch Bahnverladungen vorgenommen; zum Beispiel fuhren die Carrier mit Containern direkt über die Bahnwaggons, die jeweils zu Fünfergruppen auseinander rangiert wurden.
Aus dem Universal-Hafenarbeiter wurden spezialisierte Fachkräfte?
Nicht sofort. Um diese Container-Stückgut-Revolution rationell zu gestalten, wurden die Mitarbeiter in wechselnden Funktionen eingesetzt. Zuerst beim Löschen des Schiffes, dann beim Auspacken der Container. Gewaltig veränderte sich auch die ganze Ratengestaltung. Der traditionelle Kaitarif wurde umgestellt und die Verwaltung musste mit völlig neuen Entgelt-Strukturen, der Container Handling Rate, umgehen. Vorher musste der Vertrieb natürlich diese neue Raten-Basis mit den Reedern verhandeln. Summa summarum: eine komplette Revolution des Handlings und der Ratengestaltung.
Und die Schiffsplanung wurde relativ schnell auf der Basis von Computern erstellt?
Wir haben in dieser Phase experimentiert und improvisiert, so was kann sich heute keiner mehr vorstellen. Die Staupläne wurden erstellt, indem wir die einzelnen Containerdaten auf Lochkarten stanzten. Und die Lademeister fuhren anfänglich mit dem Belegungsplan über das Gelände und kontrollierten die Nummern der Boxen. Diese Art der Containeridentifikation überholte sich aber sehr bald. Später stiegen wir als weltweit erstes Terminal auf Satelliten-Disposition um.
Damals konnte man noch sehen, was in den Containern drin war? Welche Waren wurden damals so transportiert?
Anfänglich Konserven und sehr viel Textilien aus Fernost, später auch Fernseher und Motorräder. Solche Stückgüter wurden anfänglich Kiste für Kiste ausgepackt, es kam nicht einmal auf Paletten. Das änderte sich erst allmählich.