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Gerlinde John ist eine pragmatische Visionärin. Mehr als zwanzig Jahren trieb sie die Automatisierung des Hamburger Hafens an entscheidender Stelle mit voran. „Wir müssen die modernste automatische Technik überall dort einsetzen, wo sie uns hilft, effizienter zu werden“, sagt die diplomierte Ingenieurin.
Auf dem HHLA Container Terminal Altenwerder (CTA) wurde diese Überzeugung in die Realität umgesetzt. Die 2002 in Betrieb genommene Anlage ist weitgehend automatisiert und war lange Zeit weltweit eine Blaupause für andere Terminalbetreiber. Zu Recht kann John, die mittlerweile den Ruhestand genießt, stolz sein. Was in Hamburg-Altenwerder um die Jahrtausendwende auf dem Reißbrett entworfen und gebaut wurde, gilt immer noch als "state of the art".
Für Gerlinde John war das auch eine Verantwortung: „Immer einen Schritt voraus zu sein, dass ist es, was das ganze so spannend und reizvoll macht!“ Anfangs gab es viele Zweifler, ob sich so ein ambitioniertes Vorhaben überhaupt realisieren ließe. „Aber nicht in unserem Team!“ sagt John. „Wirklich alle haben gemeinsam Pionierarbeit geleistet und wollten den Terminal zum Laufen bringen.”
Menschen wie John, die sich ein Leben lang für neue logistische und technische Lösungen begeistern, gibt es viele bei der HHLA. Und längst ist der Hafen keine Männerdomäne mehr. John studierte noch zu DDR-Zeiten Verkehrswissenschaften. Mit Hilfe analoger Großrechner untersuchte sie Systeme zur Verkehrssteuerung. Im Jahr 1982 begann sie im wissenschaftlich-technischen Zentrum der Deutschen Seereederei in Rostock. Dort arbeitete sie an der Entwicklung eines teilautomatisierten Containerterminals für den Hafen Rostock.
Der Hamburger Terminal CTA ist die weltweit erste zertifiziert klimaneutrale Umschlaganlage für Container. Wie funktioniert der überwiegend elektrifizierte Betrieb?
„Das war eines der spannendsten Projekte für mich", resümiert John rückblickend. Die Wende stoppte jedoch die Arbeit. Die Handelsströme veränderten sich und die Containerschiffe machten bald einen Bogen um Rostock. Johns Wissen über die Automatisierung des Containerumschlags war ein Glücksfall für die HHLA. Dort kannte man die Ostdeutsche und sicherte sich ihren Wissensfundus, indem man sie zum neu entstehenden CTA holte.
Neben vielen anderen Neuerungen, für die es bis dahin weltweit keine Vorlagen gab, sollte in Altenwerder ein Leitstand aufgebaut werden. Automatisierte Containertransporter und Lagerblöcke mussten mittels einer Software gesteuert, vernetzt und möglichst produktiv eingesetzt werden. Natürlich waren zunächst sehr viele Probleme in einer völlig neuen IT-Welt zu lösen. Und nicht immer funktionierte die erste Idee gleich auf Anhieb. John wurde zur Mutmacherin. „Immer, wenn wir dachten, das läuft doch prima, standen wir plötzlich vor neuen Schwierigkeiten. Aber wir hatten auch immer wieder neue Ideen!“
Nachdem der CTA einwandfrei lief und viele Optimierungen umgesetzt waren, wollte die energiegeladene Frau noch einmal etwas ganz Neues entwickeln. In den letzten Jahren koordinierte sie für die HHLA die Arbeit in dem Joint Venture mit dem amerikanischen Unternehmen HyperloopTT. Gemeinsam entwickelte man eine Lösung für eine Übergabestation, über die Container automatisch in das Hyperloop-Röhrensystem gelangen. Beim ITS-Weltkongress im Hamburg im Herbst 2021 präsentierte eine stolze und begeisterte Gerlinde John zum ersten Mal ein virtuelles Modell von "ihrem" HyperPort. Und kann jetzt endlich zufrieden in der Nähe von Rostock ihre Rente genießen.