Der Containerpionier

Container haben Klaus Schepe fast sein ganzes Berufsleben begleitet. Und sein Sohn ist auch schon Boxenfachmann.

Klaus Schepe hat im Alter von 20 Jahren bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) angefangen. Fast sein ganzes Arbeitsleben verbrachte bei einem Arbeitgeber, der ihn überzeugt hat. „Ich habe vor einigen Jahren meinem Sohn geraten, sich hier zu bewerben“, sagt er. Inzwischen arbeitet dieser bereits seit über zehn Jahren bei der HHLA. Jungen Leuten würde Schepe jederzeit empfehlen, im Hafen anzufangen. Wer sich geschickt anstelle, könne über interne Weiterbildungen auch ohne Studium Karriere machen – so wie er selbst. Sein 40-jähriges Dienstjubiläum sei noch von der Firma mit einem Essen im Hafenclub angemessen gewürdigt worden, sagt Schepe. Mittlerweile hat er im Ruhestand Zeit für andere, schöne Dinge des Lebens. Aber er erinnert sich gerne an die Zeit, die begann, als er im November 1977 als Kai- und Hafenarbeiter eingestellt wurde.

Als erstes wurde er "auf einer Strecke im Schuppen 75“ eingesetzt, erinnert sich Klaus Schepe. Ein reiner Stückgutschuppen. „Damals kannte ich noch keine Container“, fügt er hinzu. Gummiballen, Kaffee- oder Kakaosäcke, Kisten und Kartons – er und seine Kollegen haben alles einzeln per Hand oder Brook – also mit großen Netzen – aus dem Schiffsbauch geholt, auf Paletten umgepackt und im Schuppen bis zum Weitertransport per Lkw oder Bahn eingelagert.

Der Vater seiner damaligen Freundin habe den gelernten Kfz-Mechaniker darauf aufmerksam gemacht, dass sie im Hafen Leute suchen. „Ich habe mich vorgestellt und war innerhalb von acht Wochen dann auf einmal bei der HHLA“, erzählt er. Ein Jahr später musste Schepe für 15 Monate zum Bund. Als er zurückkam, war er noch ein knappes halbes Jahr auf der Strecke, die dann geschlossen wurde. Er wurde zum Burchardkai zu Halle 5 versetzt, wo er es mit den ersten Containern zu tun bekam. Statt Säcke und Kisten aus dem Schiffsbauch zu holen, packte Schepe nunmehr Container aus.

„Wir haben anfangs alle Container aufgemacht, nach Kunden die Waren auf Paletten sortiert und in der Halle bis zum Weiterversand zwischengelagert“, erinnert er sich. Damals gab es sechs Packhallen, wo die Waren neu zusammengestellt und in Container fürs Hinterland gepackt wurden. Die Packhallen sind bis auf eine inzwischen verschwunden. Wo sie einst standen, werden heute Container abgestellt. Denn bis auf wenige Ausnahmen werden die stählernen Boxen heute von „Tür zu Tür“ transportiert. Sie sind verplombt, und nur der Zoll macht sie bei Kontrollen auf.

„Da ich beim Bund den 2er-Führerschein gemacht hatte, konnte ich mich später zum Van Carrier-Fahrer ausbilden lassen“, sagt Schepe. Die Van Carrier (VC) hatten die HHLA und der Hersteller Peiner damals gerade erst entwickelt. Reichte es anfangs aus, dass die Geräte die Container transportierten und einfach stapelten, so wurden die Anforderungen im Laufe der Jahre im wahrsten Sinne des Wortes immer höher. Heute sind VC im Einsatz, die vier Container überfahren und einen fünften darauf abstellen können.

„Die Geräte sind in der Lage, zwei 20-Fuß-Container auf einmal hochzunehmen und sie beispielsweise auf einem 40-Fuß-Container absetzen“, sagt Schepe. Mit den Brücken könne man sogar Quattro fahren, das heißt die VCs nehmen dann zwei Container auf einmal auf. In den 40 Jahren bei der HHLA hat Schepe selten einen falsch abgestellten Container suchen müssen. Nicht mehr als 30, sagt er. Ein guter Schnitt, wenn man bedenkt, dass täglich Tausende Container auf dem Terminal bewegt werden. Wiedergefunden wurden letztlich immer alle. Und dann heißt es: „Ich hab die Leiche“. Früher gab es einen halben Tag frei für denjenigen, der einen gesuchten Container wiedergefunden hatte. „Manche Schlitzohren haben die Boxen selbst versteckt“, erinnert sich Schepe. Als das raus kam, sei die Prämie wieder abgeschafft worden.

Heute lassen sich verschwundene Containern dank moderner Datentechnik schnell aufspüren. Sowohl Brücken- als auch VC-Fahrer können auf ihrem Display verfolgen, wo sich welcher Container befindet. Ist eine Box vom Display verschwunden, findet sich eine Spur anhand der Twistlocks, also den Verriegelungen, die die Boxen untereinander und/oder mit dem Trägerfahrzeug verbinden. „Wir können im System kontrollieren, wo und ob sie auf- oder zugedreht wurden“, sagt Schepe. Meistens steht der Vermisste dann an seinem Platz – verloren geht keiner.

Vom VC-Fahrer hat sich Schepe später zum Vorarbeiter qualifiziert. „2007 wurde ich schließlich zum Lademeister ernannt“, sagt er. Darauf ist er stolz, denn heute muss man sich auf die Stelle bewerben. In seiner Position ist er Ansprechpartner für alle Kollegen in seiner Schicht. Er muss wissen, welche Container auf welches Schiff verladen werden und hat die Aufsicht sowohl über die Brücken- und Van Carrier-Fahrer als auch über Vorabeiter und Schiffsmeister. „Ich erstelle mir morgens einen Plan von A bis Z, den wir dann gemeinsam abarbeiten“, erzählt er. Fällt mal eine Brücke aus oder sind dort zu wenige Geräte verfügbar, muss Schepe eine Lösung finden, damit alle zügig weiter arbeiten können.

Mit dem Einzug des Containers wurde die Arbeit körperlich leichter. „Am Anfang, als ich noch Säcke geschleppt hatte, sah ich aus wie ein Bodybuilder“, erinnert er sich. Heute ist weniger Muskelkraft, sondern mehr Kopfarbeit erforderlich. Das Positive am Container sei, dass er schnell verarbeitet werden kann, sagt Schepe. Nach dem Löschen kommt er ins Yard, anschließend wird er mit der Bahn oder per Lkw aus dem Hafen transportiert. Früher hat Schepe gewusst, was sich in den Containern befindet. Heute ist das nicht mehr möglich. Der Inhalt habe ihn aber ohnehin nie interessiert, sagt er. Früher wurden Präfix, Containernummer sowie Stellplatz über Funk mitgeteilt. Es gab Funker, die aus verschiedenen Kabinen auf dem Gelände, die Daten durchgegeben haben. Alles wurde digitaler und Schepe musste im Laufe seines Berufslebens immer Neues dazu lernen. Die Arbeit sei stressiger geworden. „Das gehört dazu und ich bin mit den Aufgaben gewachsen“, sagt er. Er habe sich immer so gut eingearbeitet, dass er sein Wissen anschließend den Kollegen weitervermitteln konnte.

 

Autorin: Nicole de Jong