Der Datenträger

Sönke Witt leitet die Geschäftskundenkommunikation der HHLA und ist Co-Vorsitzender der Ship Message Design Group (SMDG). Bei ihm geht es immer um Daten: um deren Standardisierung, Vernetzung und Qualität. Nur durch die Optimierung des Datenaustauschs kann das logistische Gesamtsystem weiter verbessert werden.

Eine eindrucksvolle Stellenbezeichnung hat Sönke Witt, aber ganz zufrieden ist er damit nicht. Er leitet die Geschäfts­kunden­kommunikation bei der HHLA. „Das müsste aber korrekt Geschäfts­kunden­DATEN­kommunikation heißen“, sagt er. „Doch der Titel ist jetzt schon zu lang, und uns ist ansonsten nichts Besseres eingefallen.“

Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Sönke Witt zählt nicht zu der Sorte Mensch, die sich über Titel definieren. Dem Wirtschaftsingenieur mit Fachrichtung Transportmanagement, der seit 2004 für die HHLA arbeitet, geht es um Genauigkeit. Die spielt in seinem Beruf eine große Rolle. Es geht um das komplizierte Thema Transportdaten, also all die Zahlen und Angaben, die entstehen, wenn ein Container bewegt wird.  Wenn diese nicht stimmen, kann das Folgen haben.

Ein Beispiel dafür, wie sich falsche Daten auswirken können, ist das Gewicht eines Containers. Wenn zu geringe Werte in größerer Zahl in den Stauplan eines Schiffes übernommen werden, dann besteht die Gefahr, dass die Ladung bei schwerer See ins Rutschen kommt. Deshalb wurde vor einiger Zeit das Containergewicht als sogenanntes VGM in die Sets standardisierter Datenformate aufgenommen.

 

Wir haben brauchbare Standards geschaffen, jetzt müssen wir die Qualität der Daten verbessern.

Sönke Witt, Geschäftskundenkommunikation der HHLA und ist Co-Vorsitzender der Ship Message Design Group.

Eines dieser Sets standardisierter Datenformate heißt BAPLIE und wird zur Abwicklung des Container­umschlags zwischen Reeder, Terminal und Schiffskapitän mehrfach hin und her versandt. Dabei werden all jene Angaben gesammelt, die Schiffsplaner, Disponenten und Crew für das „richtige“ Stauen eines Containers an Bord des Schiffes benötigen.

BAPLIE gilt als Fundament der Gründung einer Unter-Organisation der Vereinten Nationen (UNO), der Ship Message Design Group (SMDG). Als diese1987 gegründet wurde, gehörte die HHLA sofort dazu. Heute ist Sönke Witt einer von zwei Vorsitzenden. In dieser Funktion ist er weltweit unterwegs, um Netzwerke zwischen den Prozessbeteiligten aufzubauen und Erfahrungen auszutauschen.

Die SMDG hat mittlerweile viele Standards entwickelt und modernisiert, um die Datenkommunikation vor allem zwischen Hafenterminals und Carriern zu erleichtern. „Wenn ein Container priorisiert werden soll, gibt es manchmal noch eilige Anrufe vom Reeder,“ so Witt. „Aber in der ganz überwiegenden Mehrheit der Fälle kommen die Informationen zum Löschen und Laden über EDIFACT.“

Schon wieder so eine Abkürzung, von denen es viele im Arbeitsalltag von Sönke Witt gibt. Hinter EDIFACT verbirgt sich die spezielle Sprache, die IT-Fachleute für das Schnittstellendesign verwenden. Sie wurde von der UNECE als Unterorganisation der UN definiert. Obwohl dort nur 55 Staaten vertreten sind, beziehen sich auf die dort geschaffenen Standards aber Logistiker weltweit.

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Ihre unterschiedlichen Datensysteme können so untereinander kommunizieren. Eine gemeinsame Sprache ist notwendig, denn in der Transportbranche wird fast alles mit Hilfe äußerst komplexer Software geplant. Nehmen wir als Beispiel den Umgang mit Gefahrgut-Containern, von denen es viele gibt. Für sie sind sowohl auf einem Schiff wie auch im Containerlager bestimmte Plätze vorgesehen. Bei der Verladung dieser speziellen Boxen müssen die nächsten Ladestationen und das Gewicht berücksichtigt werden. Und damit sie möglichst effizient verladen werden können, müssen die Boxen in eine optimale Abfolge gebracht werden.

Doch Terminals und Reeder sind nur ein kleiner Teil der Transportkette, das BAPLIE ein winziger Ausschnitt der vernetzten Datensysteme. Allein im Hafen kommen dazu das Zollsystem ATLAS, das Port Community System oder Transport Rail der Hafenbahn.

„In Hamburg haben wir einen sehr gut funktionierenden Verbund all dieser Datenlieferanten,“ sagt Witt. „Aber für eine Optimierung des logistischen Gesamtsystems müssen noch wichtige Schnittstellen geschaffen und der Austausch verbessert werden.“ Als Beispiel nennt er die europäischen Schienennetze und Bahnunternehmen. Dort sei man noch lange nicht so weit wie in der maritimen Branche. 

Aber Witt will gar nicht mit dem Finger auf Schwachstellen bei anderen zeigen. Im Hafen und bei der HHLA gibt es auch noch genug zu tun. „Wir haben brauchbare Standards geschaffen, jetzt müssen wir die Qualität der Daten verbessern.“

Denn Daten sind eine effiziente, aber nicht immer die wirksamste Art der Kommunikation. Man müsse vor allem sehr viel reden, und zwar nicht nur mit den Reedern, sagt Witt: „Wenn es gelingt, alle Transportbeteiligten von den Vorteilen einer übergreifenden Datenkommunikation zu überzeugen, dann wird auch unser logistisches Gesamtsystem nochmal einen gewaltigen Sprung in Richtung mehr Zuverlässigkeit und mehr Berechenbarkeit machen.“

Veröffentlicht am 19.10.2022

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