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Seit ihren Anfängen trägt die heutige HHLA die Gene eines Start-Ups in ihrer DNA. Denn als am 7. März 1885 ihr Vorläufer „Hamburger Freihafen-Lagerhaus-Gesellschaft“ (HFLG) gegründet wurde, war das Geschäftsmodell innovativ und das erste Projekt gleich sehr visionär: Planung, Bau und Betrieb eines hochmodernen Lagerhaus-Komplexes – der heute weltberühmten Hamburger Speicherstadt.
Zwar hatte die Industrialisierung im Jahr 1885 in Deutschland gerade erst richtig Fahrt aufgenommen. Doch der Übergang der „Industrie 1.0“ zur Version 2.0 war bereits im Gange. Auf dieser zweiten Stufe mussten die Reste der deutschen Kleinstaaterei mit ihren hemmenden Zollschranken endgültig überwunden werden. Ziel sollte mehr Handel und damit mehr industrielle Produktion sein. Als wichtiges Mittel zu diesem Zweck diente der Zollanschluss der bis dahin unabhängigen Hansestadt Hamburg an das Deutsche Kaiserreich.
Für das aufstrebende Hamburger Bürgertum bedeutete dies eine weitere tiefgreifende Umstellung. Daneben mussten die Hanseaten mit dem rasanten technologischen und gesellschaftlichen Wandel dieser Epoche zurechtkommen. Im Hamburger Hafen machte sich die neue Zeit schon etwas länger bemerkbar: auf dem 1866 neu erbauten, technologisch und logistisch revolutionären Sandtorkai.
Doch nun, 1885, war der Innovations-Geist der Hamburger ein weiteres Mal herausgefordert:
Als Gegenleistung für den Zollanschluss und die Aufgabe der städtischen Unabhängigkeit hatte man Kaiser Wilhelm II. und dem Reichskanzler Bismarck einen „Freihafen“ abgetrotzt.
In diesem abgegrenzten Bereich des Hafens, landseitig eingezäunt und von Zoll-Posten kontrolliert, durften die Reeder Handelsgüter aus aller Welt weiterhin zollfrei lagern.
Problem dabei: Die bisherigen Lagerflächen in den traditionellen Kontorhäusern befanden sich an den Fleeten der Innenstadt.
Die Frage war also: Wo und wie konnten riesige Mengen von zumeist verderblichen Gütern auf dem neuen Areal effizient verstaut werden?
Mit dem Sandtorkai wurde die „Hamburger Kai-Einteilung“ geprägt, die nahezu ein Jahrhundert lang gültig bleiben sollte: die Verknüpfung von Schuppen, Schiene und Kran. Diese frühe Form von intermodalem Frachtverkehr mit klug konzipierter Umschlagsmöglichkeit zwischen Eisenbahn und Schiff sorgte für einen hocheffizienten Güterumschlag – ganz im Sinne der zunehmenden Industrialisierung und des Welthandels.
Die Antwort war radikal: Man baute eine ganze Speicher-Stadt! Und zwar auf dem Großen Grasbrook, in unmittelbarer City-Lage. Zugleich direkt am Wasser des Fleets. Bis zum Termin für die Fertigstellung blieb der Stadt allerdings nur wenig Zeit. Schließlich sollte der Zollanschluss im Herbst 1888 vollzogen werden.
Senat und Bürgerschaft stellten für die Bauten insgesamt 106 Millionen Mark bereit. Das Baugebiet der Speicherstadt blieb Staatseigentum, ging aber zur pachtfreien Nutzung an eine neu zu gründende Lagerhausgesellschaft über, an der sich auch die damalige Norddeutsche Bank beteiligte.
Am 7. März 1885 – vor nunmehr 135 Jahren – wurden die Verträge unterzeichnet. Die „Hamburger Freihafen Lagerhaus-Gesellschaft“ (HFLG) war geboren, der Vorläufer der heutigen HHLA.
Die HFLG war vor allem privatwirtschaftlichen Kriterien wie Unternehmergeist, Marktwirtschaft und Flexibilität verpflichtet, auch wenn die Stadt darin eine bedeutende Rolle spielte. Hamburger Kaufleute, die sich attraktive Renditen versprachen, zeichneten einen beträchtlichen Teil der Aktien.
Das Grundkonstrukt der HFLG – eine Privatbank finanziert, eine Aktiengesellschaft agiert, Kaufleute investieren, die Stadt bringt die Grundstücke ein, beaufsichtigt und profitiert – bot alle Voraussetzungen für ein langfristig erfolgreiches, schlagkräftiges „Start-Up“.
Der erste Beweis: Mithilfe modernster Bauverfahren wurde das gesamte Ensemble aus zunächst 14 aneinandergereihten Bauten aus rotem Backstein rechtzeitig zum Zollanschluss im Oktober 1888 fertig. Die Speicherstadt war damals das modernste und größte zusammenhängende Logistikzentrum seiner Zeit.
Die Speicherstadt war 1888 ein neuer Meilenstein des intermodalen Güterumschlags – mit Eisenbahnanschlüssen, Anbindung an die Straße auf der einen und dem Fleet auf der anderen Seite. Dazu mit hydraulischen Kranen, mit Aufzügen und Seilwinden, einem eigenen Kraftwerk und, schon damals, einem eigenen Stromnetz samt elektrischer Beleuchtung.
Die auf Tausenden von Pfählen errichteten Speicherbauten mit Gesimsen, Erkern und Giebelchen wurden mit Buchstaben gekennzeichnet: Im Osten der neuen Speicherzeile etwa lagerte in den Blocks E und F vorwiegend Bier und Wein; Tabak zog in die Blöcke G und M ein. Die Südseite der Häuserzeile diente vor allem der Kaffeelagerei.
Acht Jahrzehnte lang blieb sie die unangefochtene Kathedrale der Warenlager. Das änderte sich erst, als 1966 die ersten Container nach Hamburg kamen: mobile, genormte und stapelbare „Lagerhäuser“ aus Metall, die sich fortan in immer größeren Mengen im Hafen auftürmten.
Nur noch spezielle Waren wie Teppiche, Kaffee oder Gewürze lagerten weiterhin in der Speicherstadt. Aber als Lager waren die roten Backsteinbauten nicht mehr ausgelastet.
Doch die HHLA kümmerte sich intensiv darum, die Struktur der architektonisch und historisch bedeutsamen Speicherstadt behutsam zu verändern. Von den insgesamt 300.000 Quadratmetern Nutzfläche wurden ab Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts bis heute rund 170.000 Quadratmeter saniert – in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz.
Heute residieren im UNESCO-Welterbe neben klassischen Handelsfirmen unter anderem Werbeagenturen, Künstler und andere Kreative, Restaurants, Bars, das Speicherstadtmuseum und das weltbekannte Miniatur-Wunderland.
Gleichzeitig erkannte die HHLA die Bedeutung des Containers als neues, universelles Transportmittel. Entsprechende Investitionen zahlten sich rasch aus. Der HHLA-Containerterminal Burchardkai (CTB) entwickelte sich in den Siebzigerjahren rasant zur größten Umschlagsanlage Hamburgs.
Doch es war eine andere Innovation, die im Jahr 2002 durch ihre planerische Kühnheit und Radikalität erneut an Meilensteine wie den Sandtorkai von 1866 oder die Speicherstadt von 1888 erinnerte: die Eröffnung des Container-Terminals Altenwerder (CTA).
Der CTA galt bei seiner Inbetriebnahme als innovativster und leistungsstärkster Terminal der Welt. Noch heute ist der Terminal „state of the art“ des Containerumschlags. Und inzwischen auch als erste klimaneutrale Anlage seiner Art weltweit.
Der Anspruch an sich selbst, ständig neue Trends und Technologien anzuwenden und fortzuentwickeln, hat die HHLA dauerhaft erfolgreich gemacht. Innovation bis hin zur Disruption als Teil der eigenen DNA – daran hat sich seit der Entscheidung zum Bau der Speicherstadt von 1885 nichts geändert.
Der 1,1 Millionen Quadratmeter große Container-Terminal Altenwerder (CTA) bietet entlang der 1,4 Kilometer langen Kaimauer vier Liegeplätze für modernste Groß-Containerschiffe. Das Herz des Terminals aber bilden Dutzende von Lagerblöcken aus gestapelten Containern. An beiden Enden ist je ein Stapelkran positioniert. Die Krane können gleichzeitig Container aus dem Block entnehmen, um sie auf Lastwagen abzusetzen, oder neue Boxen ins Lager „einstauen“. LKW erreichen ihre Container-Übergabepunkte auf 104 parallelen Spuren; Bahn-Container werden auf sieben parallelen Schienensträngen an- und abtransportiert. Eine Flotte von rund 100 Automated Guided Vehicles (AGV) transportiert Container führerlos und autonom auf dem Gelände.