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Angefangen hat es mit zwei Zügen pro Woche, heute sind es rund 650. Wie entwickelte sich Metrans zu einem der führenden privaten Bahnoperateure Europas?
Die HHLA-Bahntochter Metrans ist heute einer der führenden privaten Bahnoperateure Europas. Angefangen hat es mit zwei Zügen pro Woche, heute sind es im gesamten Netz rund 650. Ein Name darf nicht fehlen, wenn von diesem Aufstieg erzählt wird: Jiri Samek. Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs war er als Repräsentant eines tschechoslowakischen Staatsbetriebes in Polen zuständig für den Containertransport aus den polnischen Häfen nach Prag. Dann kam die Wende. Ganz Visionär, der Jiri Samek war, nutzte er die gewonnene Freiheit. Statt das Angebot als Nummer eins in einem staatlichen Transportunternehmen anzunehmen, entschied er sich für die neuen Chancen. Im Frühjahr 1991 gründete er sein eigenes Unternehmen. Das war die Geburtsstunde von Metrans.
Seine Idee: die damalige Tschechoslowakei an den Seehafen Hamburg anzubinden. Die Elbe verbindet über die Moldau Prag und Hamburg. Was traditionell eine der wichtigsten Handelsrouten war, hatte der Eiserne Vorhang zerschnitten. Auch Containertransporte per Bahn waren nur innerhalb der osteuropäischen Staaten möglich. So mussten die Transporte zum größten Teil über völlig überlastete Straße abgewickelt werden. Bis im Oktober 1991 endlich im Prager Stadtteil Uhříněves ein Bahnterminal der Metrans seinen Betrieb aufnahm.
Noch heute liegt dort, in einem Prager Vorort, der Heimatbahnhof des Unternehmens. Kurz darauf, im Februar 1992, verkehrte der erste mit Containern beladene Shuttle-Zug zwischen der Hansestadt und der tschechoslowakischen Hauptstadt. Früh zeigte sich, dass der eingeschlagene Weg ein erfolgreicher sein würde.
Eine entscheidende Weichenstellung für nachhaltiges Wachstum erfolgte mit dem Einstieg der HHLA bei Metrans Mitte der 1990er Jahre. Die Investitionssummen stiegen und wurden genutzt, um leistungsfähige Terminals aufzubauen. Rasch entwickelte das Unternehmen sein effizientes intermodales Netzwerk.
Mit hochfrequenten Bahnverbindungen und maßgeschneiderten Dienstleistungen konnten viele neue Kunden überzeugt werden. Metrans-CEO Peter Kiss fasst die Philosophie so zusammen: „Wir bieten einfache und neutrale Lösungen auf dem komplexen Gebiet des Kombinierten Verkehrs. Vor allem wollen wir unseren Kunden mit verschiedenen, manchmal auch sehr spezifischen Situationen helfen.“
Und die Kunden schätzen vor allem den „All-Inclusive-Service“, der zum Beispiel die Zollabwicklung, Depot- und Rangierleistungen und den Vor- oder Nachlauf per Lkw beinhaltet. Das produktive Grundprinzip bei der Metrans ist jedoch das folgende: Container mit den häufig fahrenden Shuttle-Verbindungen schnell aus den Häfen abzutransportieren, um sie im Hinterland in den fünf Hub-Terminals in Posen (Polen), Prag und Česká Třebová (beide Tschechien), Dunajská Streda (Slowakei) und Budapest zu sortieren.
Von dort werden sie mit anschließenden „Antennenzügen“ und Lkw für die letzte Meile zu den Empfängern gebracht. Der schnelle und stetige Abtransport vom Hafengelände bringt auch der HHLA operative Vorteile, nicht zuletzt während der Corona-Pandemie und den mit ihr einhergehenden Containerstaus.
Heute ist Metrans einer der führenden privaten Bahnoperateure Europas und Marktführer für Containertransporte in bzw. aus dem Hafenhinterland in Mittel-, Ost- und Südosteuropa. Das gesamte europäische Netzwerk umfasst 21 eigene und weitere assoziierte Terminals. In den ungarischen Orten Zalaegerszeg und Szeged, an der Verkehrsachse mit den Adria-Häfen Triest, Koper und Rijeka, werden weiterere Terminals gerbaut.
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Der Hintergrund: Die Menge der in Ungarn auf der Schiene transportierten Container ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Metrans profitiert bereits davon, vor allem durch den im Jahr 2017 eröffneten Terminal in Budapest. Allein auf dieser Anlage wurden im ersten Jahr etwa 250.000 Standardcontainer (TEU) umgeschlagen, 2020 waren es bereits 484.769 TEU pro Jahr. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 betrug der Umschlag von Metrans in ganz Europa noch rund 470.000 TEU.
Doch nicht nur für die Ausdehnung des Metrans-Netzes nach Süd- und Südosteuropa ist Ungarn von großer Bedeutung. Das Netz und besonders der Terminal Budapest sind auch ein wichtiger Teil der Neuen Seidenstraße. Der Schienengüterverkehr zwischen Asien und Europa hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Seit dem von Russland begonnenen Krieg in der Ukraine ist die weitere Entwicklung allerdings unvorhersehbar geworden.
Neben hochfrequenten Bahnverbindungen, einem dichten Netz und umfassenden Dienstleistungen zeichnet Innovationsfreudigkeit Metrans aus. Bis 2004 war die Intermodal-Tochter der HHLA auf Waggons der Deutschen oder der Tschechischen Staatsbahn angewiesen. Sie mussten im Vorfeld bestellt werden und die Bereitstellung war nicht immer zuverlässig.
So wurde der Entschluss gefasst, gemeinsam mit dem slowakischen Güterwagenhersteller Tatravagonka eigene Waggons zu entwickeln. Der Erfolg der Eigeninitiative ist überzeugend: Die heutigen rund 3.700 Metrans-Waggons sind zum überwiegenden Teil Leichttragwagen und sehr energieeffizient. Der Bestand der Leichttragwagen wird stetig ausgebaut. Jedes Jahr kommen rund 200 neue Wagen hinzu. Sie sind rund vier Tonnen leichter als ein herkömmlicher Containertragwagen, weisen einen geringeren Rollwiderstand auf und benötigen weniger Energie für den Transport.
Eine spezielle Konstruktion ermöglicht es, die Container auf den bis zu 700 Meter langen Blockzügen enger zu platzieren, sodass mehr Boxen bei gleicher Zuglänge transportiert werden können. Zudem sind die Containertragwagen mit sogenannten „Flüsterbremsen“ (K-Sohle) ausgerüstet. Die Fahr- und Bremsgeräusche dieser Waggons werden so um die Hälfte reduziert.
Auch bei den Lokomotiven verfolgt Metrans einen nachhaltig-innovativen Ansatz. Als erstes Unternehmen weltweit testete das Unternehmen beim Rangieren die umweltfreundliche Hybrid-Technologie. Je nach Einsatz fahren sie zwischen 50 und 70 Prozent ihrer Betriebsdauer im Batteriebetrieb. Dadurch kann der Kraftstoffverbrauch reduziert und der CO2-Ausstoß um bis zu 50 Prozent gesenkt werden. Stickstoffdioxid-Emissionen fallen sogar um bis zu 70 Prozent weniger an.
So ist die Metrans für die Zukunft optimal aufgestellt. Weitere Investitionen in die Nachhaltigkeit der Flotte, das Netzwerk und in die Digitalisierungsstrategie des Unternehmens werden dafür sorgen, dass das Unternehmen die anstehenden Herausforderungen im Seehafenhinterlandverkehr meistern wird. Das bisher Erreichte würdigte auch HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath: „Unsere Bahntochter Metrans leistet einen herausragenden Beitrag zur positiven Geschäftsentwicklung. Die Metrans hat allen Grund, stolz auf das Erreichte zu sein.“
Veröffentlicht: 02.07.2021
Wie wurde aus einer Vision ein erfolgreiches Unternehmen mit cleveren intermodalen Lösungen? CEO Peter Kiss über die Metrans-Familie und ihre nächsten Ziele.