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Sie möchten mehr über das Projekt sowie die technischen Details erfahren? In den folgenden Abschnitten tauchen wir etwas tiefer in die technischen Komponenten des Projekts "CO2- neutrales Welterbe Speicherstadt Hamburg" ein.
Auf dem Dach des Block H wurden „solarhybride Dachsysteme“ installiert. Diese Module generieren sowohl Solarstrom als auch Solarwärme. Damit die Solarmodule das historische Bild der Speicherstadt nicht stören, wurden Verfahren entwickelt mit denen die Module täuschend echt die vorhandenen Schiefer-Schindeln und Kupferbleche imitieren. Von der Straße und den umliegenden Gebäuden aus, sind sie nicht von der weltbekannten originalen Dacheindeckung zu unterscheiden.
Das Bedrucken der Oberflächen führt aber auch dazu, dass die Module weniger Sonnenenergie einfangen können. Um ökologisch und ökonomisch erfolgreich zu sein, muss daher genau abgewogen werden, wie stark die Module bedruckt werden müssen. Getreu dem Motto „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Dank dieser „Schlüsseltechnologie“ ist es möglich, die Platten so zu gestalten, dass die strengen Anforderungen des Denkmalschutzes erfüllt werden.
Die ersten und auch sichtbare Komponente sind die zuvor erwähnten bedruckten Photovoltaikmodule zur Stromerzeugung. Die zweite Komponente des solarhybriden Dachsystems erzeugt thermische Energie, also Wärme. Durch Leitungen unterhalb der Photovoltaikmodule fließt ein Wärmeträgermedium, das bis weit unter unterhalb des Gefrierpunkts flüssig bleibt. Das Medium ist ein Wasser- Glykol- Gemisch. Es nimmt die Umgebungswärme auf und führt sie der im Erdgeschoss befindlichen Wärmepumpe zu.
Die auf den Dachflächen gewonnene Wärme wird in Form des Wärmeträgermediums mit einer hocheffizienten Umwälzpumpe der Wärmepumpe zugeführt. Die Wärmepumpe entzieht dem Wärmeträgermedium so viel Wärme, dass sich das dem Dach zurückgeführte Wärmeträgermedium um einige Kelvin abkühlt. Bei Außentemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, kann das Wärmeträgermedium eine Temperatur bis -5°C einnehmen. Das dem Dach zugeführte Medium wird bereits an den ungedämmten Steigrohren bis zum Dach infolge der anstehenden Umwelttemperatur erwärmt. Deutliche Erwärmungen stellen sich aber auf den großen thermisch aktivierten Dachflächen ein. Neben den Umweltwärmegewinnen kommt es aber auch längs der Rohrleitungen und auf den Dachflächen zur Kondensatbildung, die einen signifikanten Beitrag zur Wärmegewinnung leistet, infolge der einhergehenden Latentwärmefreisetzung. Der auf den Dächern gewonnene PV-Strom soll bestmöglich für den Betrieb der Wärmepumpe genutzt werden. Entsprechend sind geeignete elektrische Speichersysteme Gegenstand der weiteren Forschungen im Speicherblock.
Die Wärme wird auf zweierlei Arten gespeichert - zum einen als sensible Wärme in einem neuartigen hybriden Betonspeicher und zum anderen als latente Wärme in einer Kaskade von Eisspeichern. Vorweg die Begrifflichkeiten der Wärme:
Im Keller des Gebäudes wurde ein neuartiger hybrider Betonspeicher gebaut. Ein 6 m³ großer Betonklotz aus haufwerksporigen (grobporigem) Beton. Die Hohlräume des haufwerksporigen Betons sind mit Wasser gefüllt, so dass die im hybriden Betonspeicher eingelagerte Wärme in Form von sensibler Wärme des Feststoffs Beton und des Wassers eingespeichert wird. Die Wärmeeinlagerung erfolgt über sechs über die Höhe des Betonspeichers angeordneten Wärmetauscherebenen, durch die das Wärmeträgermedium geführt wird, um den Speicher mit der Wärme aus den thermisch aktivierten Dächern zu beladen und für die spätere Nutzung zur Heizwärmebereitstellung mit der Wärmepumpe wieder zu entladen.
Es werden Außentemperaturen von mindestens 4°C benötigt, um den Betonspeicher aufzuladen. Sobald die Temperatur darunter sinkt, wird auf das zweite Speichersystem zugegriffen: den Eisspeichern.
In den kaskadierten Eisspeichern befinden sich unsere "Wärmevorräte" in Form von flüssigem Wasser, auf die wir während der sehr kalten Witterungsperioden bei Minusgraden zugreifen, da in diesen Zeiträumen über die solarthermisch aktivierten Dachflächen keine Umweltwärme der Wärmepumpe zugeführt werden kann. Dabei handelt es sich um Behälter, die mit Wasser gefüllt sind. Neben dem Wasser befindet sich in jedem Behälter aber auch ein neuartiges Wärmetauschersystem, das sich durch eine sehr große Austauschfläche auszeichnet. Durch die inneren Leitungen des Wärmetauschers wird das Wärmeträgermedium geführt, dass mit der Wärmepumpe im Austausch ist. Beim Betrieb der Eisspeicher entzieht die Wärmepumpe dem Wasser Wärme. Beim Erreichen des Gefrierpunkts beginnt die Eisbildung. Der Phasenwechsel vom flüssigen zum festen Zustand setzt Latentwärme frei, die von der Wärmepumpe zur Heizwärmebereitstellung hervorragend nutzen kann. Sind alle Eisspeicher durchgefroren ist der Wärmevorrat erschöpft, daher müssen so viele Eisspeicher in den Kellerräumen vorgesehen werden, um die Wärmeversorgung während der sehr kalten Witterungsperioden sicherzustellen. Sobald die Außentemperatur wieder über den Gefrierpunkt ansteigt, können die Eisspeicher mit der auf den Dachflächen verfügbaren Umweltwärme wieder aufgetaut und somit für die nächste Kälteperiode regeneriert werden.
Bei Plusgraden lässt sich so ein- bis zweimal pro Woche die Wärmeenergie des Eisspeichers „ernten“, die pro Kubikmeter Wasser im Speicher etwa 93 Kilowattstunden ergibt. Das ist immerhin das Wärmeleistungs-Äquivalent von 9,3 Litern Heizöl. Wie effizient das funktioniert, ist wissenschaftliches Neuland. Belastbare Daten soll nun der Modellversuch erbringen.
LowEx, kurz für "Low Exergy", ist ein Konzept im Gebäudenergiebereich, das sich auf die effiziente Nutzung von Energie auf einem möglichst niedrigen Exergie Niveau konzentriert (kurze Begriffserläuterung: mit "Energie" ist immer die Gesamtmenge an Energie in einem System, während "Exergie" die nutzbare Energie darstellt).
Um ein energieeffizientes Heizsystem zu realisieren, werden die wasserführenden Heizkörper bzw. Fußbodenheizungen auf einem möglichst niedrigen Temperaturniveau betrieben, So wird der Vorlauf des Heizsystems auf Temperaturen unter 32 °C gehalten, um mit der Wärmepumpe eine hohe Jahresarbeitszahl sicherstellen zu können. Schließlich befinden sich die auf dem Dach während der Heizperiode gewonnenen Wärmeenergien auf einem niedrigen Temperaturniveau. Gleichermaßen befindet sich die während der sehr kalten Witterungsperioden aus den Eisspeichern gewonnene Wärme auf einem Temperaturniveau um den Gefrierpunkt.
Unterstützt wird die wassergeführte Heizung durch elektrische Wandflächenheizungen, die ebenfalls erprobt werden. Heizfarbe und hauchdünnen textile Heizmatten sorgen für angenehme Strahlungswärme auf sehr effizientem Niveau.
Der letzte und genauso essentielle Baustein in diesem System ist die Gebäudehülle. Sie gilt es zu ertüchtigen, um die Wärmeverluste durch die Fassade zu minimieren.
Eine Speicherstadt eingepackt in ein Styropor- Wärmedämmverbundsystem mag man sich nicht einmal vorstellen. Wir nutzen daher die Möglichkeit einer Innendämmung - und zwar echte Weltraumtechnologie. Ein Hochleistungsdämmputz auf Aerogel- Basis kommt zum Einsatz. Die NASA isoliert damit ihre Raumfahrzeuge, wir verputzen damit die Innenwände.
Bereits eine dünne Schicht von 3cm reicht, um den Wärmedurchgang um 60% zu reduzieren. Der sog. U- Wert sinkt von 1,48 W/(m²K) auf 0,58W/(m²K).
Für einen weiteren deutlichen Effekt sorgt die Überdachung des Innenhofs - mit einer geschickten und denkmalgerechten Konstruktion werden die Verluste dieser Fassadenseite ebenfalls reduziert.
Eine gute Gebäudedämmung in Kombination mit Flächenheizungen sorgen bereits für ein angenehmes Raumklima. Das wird verstärkt durch eine intelligente Lüftungssteuerung. Sensoren messen die Raumluftqualität und steuern entsprechend Frischluft hinzu.
Das digitale Bauwerksinformationsmodell dient als zentrale Datengrundlage, um sämtliche Anwendungsfälle einer ganzheitlichen Bewertung und Sanierung des Speicherblocks zu integrieren.
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