Block H: Ein Welterbe als Wärmespeicher

Wo früher Kaffee, Tee und Gewürze gespeichert wurden, wird bald auch Energie gespeichert. Bis 2040 möchte HHLA Immobilien die Speicherstadt zum energieeffizienten Quartier umbauen. Prototyp ist Speicherblock H. Ein ganzheitliches Nachhaltigkeitskonzept soll aus Block H einen vielfältig nutzbaren Energieerzeuger und Energiespeicher machen. 

Nachhaltige Lösungen für Gebäudebestände

Die Konstruktion eines Gebäudes verursacht enorme Energiekosten und setzt viel CO2 frei. Daher sollten wir bestehende Gebäude so lange wie möglich erhalten und betreiben. Denkmalschutz ist also immer auch Klimaschutz. Als Betreiber der Speicherstadt sehen wir von HHLA Immobilien es als unsere Aufgabe an, Gebäude zu erhalten und Ressourcen zu schonen. Wir wollen aber nicht nur Geschichte bewahren, sondern auch die Zukunft mit Hilfe innovativer und nachhaltiger Lösungen gestalten. Gemeinsam mit der Behörde für Umwelt und Energie der Freien und Hansestadt Hamburg untersuchen wir, wie erneuerbare Energien unter den Aspekten des Denkmalschutzes, der Wirtschaftlichkeit und der Nutzbarkeit vor Ort erzeugt und integriert werden können.


Daraus entstand das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderte und vom Projektträger Jülich (PtJ) betreute Forschungsprojekt „CO2-neutrales Welterbe Speicherstadt Hamburg“. Ziel des Projekts ist es, die Frage zu beantworten, ob und wie wir Energie erzeugen, speichern und verteilen können. Die prognostizierten Erträge sind beachtlich: Rund 14 Gigawattstunden thermische Energie und rund 5 Gigawattstunden elektrische Energie könnten über die Dachflächen der Speicherstadt erzeugt werden. Damit könnten 700 Haushalte mit Wärme und 1400 Haushalte mit Strom für ein ganzes Jahr versorgt werden.

Moderne Technologie trifft Denkmalschutz

Im Gegensatz zu einem Neubau limitiert der 140 Jahre alte Gebäudebestand der Speicherstadt die Möglichkeiten der energetischen Aufrüstung. Beispielsweise dürfen Solarmodule die Erscheinung des Denkmals oder der Speicherstadt nicht beeinträchtigen. Wir können auch keine dicke Dämmung an die einzigartigen Backsteinfassaden anbringen oder stark gedämmte Fenster einsetzen. Gemeinsam mit den Forschenden untersuchen wir daher am Speicherblock H prototypisch, wie Energieeffizienz und moderne Technologie sich mit Denkmalschutz und UNESCO- Welterbe-Status vereinen lassen.

Mit Building Information Modeling zum digitalen Zwilling

Damit Speicher H künftigen Simulationen und Entscheidungen als Grundlage dienen kann, müssen zahlreiche Daten gesammelt und ausgewertet werden. Das BIMLab der HafenCity Universität Hamburg erstellt daher einen digitalen Zwilling des Speicherblocks, ein sogenanntes "Bauwerksinformationsmodell" (BIM). In diesem können sämtliche Daten eines Gebäudes abgelegt, gepflegt und Fachleuten unterschiedlichster Bereiche, wie Architekten, Ingenieuren, Energieexperten und Historikern zugänglich gemacht werden.

Mithilfe des Modells wird auch die Leistungsfähigkeit des Energiesystems erfasst. Wenn dieses Monitoring erfolgreiche Schlüsse zulässt, kann diese Form der lokalen Energieerzeugung auf die gesamte Speicherstadt ausgerollt werden - und darüber hinaus im Prinzip auf jedes weitere Bestandsgebäude. Block H ist daher nicht nur ein Prototyp für die Speicherstadt, sondern kann auch Lösungen für die energetische Sanierung von Gebäuden aufzeigen, bei denen die Gebäudesubstanz erhalten werden soll.

Prof. Dr.-Ing. Harald Garrecht, Universität Stuttgart

"Wenn diese prototypischen Entwicklungen funktionieren, können sie sofort auf jedes normale Bestandsgebäude übertragen werden."

Prof. Dr.-Ing. Harald Garrecht, Universität Stuttgart
Der Sandtorquaihof, Block H, war in seinem Baujahr 1888 das erste europäische Bürohaus in Stahlskelettbauweise - und 2024 steht er wieder für Pionierleistungen und Innovation.
Eine vielfältige Dachlandschaft, Verzierungen, Details! Alles, was die Gebäude so reizvoll macht, soll durch die Einbringung neuer Technologien nicht beeinträchtigt werden.
Um den besonderen Flair der Speicherstadt zu erhalten und gleichzeitig erneuerbare Energie zu erzeugen, entwickeln die Forschenden spezifische Lösungen, die effizient und gleichzeitig welterbegerecht sein sollen.
Auf dem Dach des Blocks wurden bereits zwei Demonstratoren errichtet, sowohl in Schiefer- wie auch in Kupferoptik. Die Photovoltaikflächen erzeugen bereits Solarstrom, während unterhalb der Eindeckung die solarthermische Anlage Umweltwärme "erntet".
Über zwölf Monate werden die Daten nun beobachtet und ausgewertet. Ist die Energiegewinnung effizient genug, kann dieser Ansatz auf das gesamte Speicherstadtquartier ausgerollt werden.

Der Weg der Energie vom Dach ins Büro

Die Dächer der Speicherstadt bilden ein Meer aus türkis und braun patinierten Kupferplatten und schiefernen Schindeln. 40.000m² Dachfläche können genutzt werden, um Sonnenenergie und Umweltwärme zu "ernten" und nutzbar zu machen. Im Slider erfahren Sie, wie das Forscherteam den Spagat zwischen Denkmalschutz und Innovation meistert und wie das Energiesystem des Wärmespeichers aufgebaut ist.

Weitere technische Details finden Sie hier.

Denkmalschutz ist Klimaschutz: Nachhaltigkeit in der Speicherstadt

Graue Energie vollständig ausnutzen

Als Eigentümer der Speicherstadt verfolgen wir bei HHLA Immobilien den Grundsatz: „Der beste Neubau ist der, der nicht gebaut werden muss".  Die Gebäude der Speicherstadt werden seit fast 140 Jahren betrieben und sind ein Paradebeispiel dafür, wie Bauwerke durch kontinuierliche Pflege und Instandhaltung über Jahrhunderte erhalten werden können. Die sogenannte "Graue Energie" - die für den Bau der Speicherstadt aufgewandten Emissionen für Abbau, Transport und Herstellung der Rohstoffe - wurden über die vielen Jahrzehnte der Nutzung vollständig kompensiert. 

Diese fünf Argumente sind ausschlaggebend für die nachhaltige Bausubstanz der Speicherstadt:

  • Langlebige Baumaterialien: Die Speicherstadt wurde hauptsächlich aus Ziegelsteinen, Holz und Stahl gebaut. Dank der Langlebigkeit dieser Materialien werden Ressourcen geschont.
  • Erhalt und Nutzung vorhandener Strukturen: Anstatt neue Gebäude zu errichten, wird die bestehende Struktur erhalten und genutzt. Dies vermeidet CO2-Emissionen, die mit Abriss und Neubau verbunden wären.
  • Reduzierter Energieverbrauch: Die kontinuierliche Nutzung und Instandhaltung der Speicherstadt erfordert weniger Energie als der Bau neuer Gebäude, was die CO2-Emissionen weiter reduziert.
  • Nachhaltige Renovierungen: Bei Renovierungen werden oft nachhaltige und energieeffiziente Techniken und Materialien verwendet, die den CO2-Fußabdruck verringern.
  • Geringe Flächenversiegelung: Die Speicherstadt besteht aus kompakten, mehrstöckigen Lagerhäusern, die eine effiziente Flächennutzung ermöglichen und damit den Bedarf an zusätzlichen Flächenversiegelungen reduzieren, was wiederum den CO2-Ausstoß minimiert.

Die Hamburger Speicherstadt fungiert als Speicher für das in den Gebäuden gebundene CO2, da sie vorhandene Ressourcen optimal nutzt und den Bedarf an neuen, energieintensiven Bauprojekten reduziert.

Kombination mit emissionsfreier Energieerzeugung

Der Erhalt der Gebäudesubstanz ist somit ein elementarer Bestandteil unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Mit dem Forschungsprojekt wollen wir beweisen, dass Denkmalschutz und Innovation sich nicht ausschließen, sondern exzellent ergänzen. Wenn es gelingt,die ökologischen, ökonomischen, regulatorischen und denkmalrechtlichen Bedingungen, die dieses einzigartige Projekt erfordert, zu erfüllen,  rückt unser Ziel in greifbare Nähe: eine klimaneutrale Speicherstadt - die Klimaspeicherstadt.

Franz-Josef Höing, Oberbaudirektor Hamburg

Es wäre ein Meilenstein, wenn es am Ende des Forschungsprojektes einen „Maßnahmenkoffer“ für die denkmalgerechte und energieeffiziente Modernisierung von denkmalgeschützten Gebäuden gäbe.

Franz-Josef Höing, Oberbaudirektor Hamburg

Die Projektpartner: Ein starkes Forschungsteam

Die Gesamtkoordination des Projekts liegt in der Verantwortung von HHLA Immobilien. Projektträger ist das Forschungszentrum Jülich (FZJ), die Forschungskoordination übernimmt das Institut für Werkstoffe im Bauwesen (IWB) an der Universität Stuttgart. Projektpartner sind außerdem die HafenCity Universität Hamburg (BIMLab) und die RWTH Aachen University (EONERC). Die Behörde für Umwelt und Energie sowie das Denkmalschutzamt der Freien und Hansestadt Hamburg begleiten das Projekt beratend als assoziierte Partner. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

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