Spielräume und Verantwortung werden wachsen

Wie passt die HHLA ihre Aus- und Weiterbildung an den rasanten Wandel der Berufsbilder im Hafen an? Carola Aldag, Leiterin der Personalentwicklung, setzt auf neue Wege der Qualifizierung – und vorausblickende Analysen des zukünftigen Bedarfs. Sie meint, dass Berufsbilder zukünftig weniger festgelegt und abgegrenzt sein werden.

Frau Aldag, kann man sagen, dass in der Ausbildung für Hafenberufe alles im Fluss ist?
Das ist wohl so, ja. Die HHLA hat in ihrer eigenen Fachschule spätestens seit den 70er-Jahren ausgebildet, zuerst Seegüterkontrolleure und später Fachkräfte für Hafenlogistik (FHL). Heute sind wir der größte Ausbildungsbetrieb für FHL in Deutschland. Aber auch dieses Berufsumfeld verändert sich weiter, sodass die Ausbildung immer weniger den realen Rahmenbedingungen des Hafenumschlags zu entsprechen droht.

Ausbildungsinhalte folgen den Entwicklungen der Berufsbilder immer mit leichter Verzögerung. Die Tätigkeiten, die FHL vor 10 Jahren ausübten, wird es perspektivisch nicht mehr alle geben, denn Prozesse und Tätigkeiten verändern sich nicht nur durch den Einsatz von Technologien sehr stark. Da müssen wir schauen: Was für Berufsanforderungen bringt die Zukunft, und welche Ausbildungen brauchen wir dafür?

Die Digitalisierung ist also der Taktgeber bei der Entwicklung der Hafenberufe?
Der Einsatz digitaler Technologien betrifft ja nicht nur die Hafenberufe, sondern nahezu alle Berufsfelder. Dabei müssen wir immer fragen: Wo ergibt ein digitaler Prozess mehr Sinn als das Bisherige? Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern soll helfen, Dinge besser zu machen – im Sinne von mehr Produktivität, aber auch von mehr Komfort für die Anwender*innen, Kund*innen und für die Zusammenarbeit der am Prozess Beteiligten. 

Digitalisierung ermöglicht es, viel mehr zu kollaborieren und deutlich transparenter zu arbeiten. Man kann ganze Prozesse samt vor- und nachgelagerter Aufgaben im Blick behalten. Es soll also nicht jeder nur seinen kleinen Bereich für sich besser machen, sondern das Ganze, das Endergebnis soll besser werden. Dadurch bringt die Digitalisierung selbstverständlich auch Veränderungen mit sich.
 

Was wird zum Beispiel aus den Beschäftigten, die Van Carrier fahren, wenn es nur noch selbstfahrende Containertransporter auf den Terminals gibt?
Es ist vollkommen klar, dass wir auf einem automatisierten Terminal nicht mit derselben Personalstruktur wie heute werden arbeiten können. Grundsätzlich kann man Menschen aus der Bestandsbelegschaft für jene neuen Berufsbilder weiterqualifizieren, die durch Automatisierung entstehen. Wir müssen aber auch ehrlich sein: Es werden vermutlich nicht dieselben Mitarbeiter*innen zukünftig einfach etwas Anderes machen. 

Es wird unsere Aufgabe sein, ein Gesamtbild für die Beschäftigung im Hafen zu zeichnen. Dazu gehört es auch, sich andere Lösungen wie die Arbeitszeitsysteme anzuschauen oder zu prüfen, ob Mitarbeiter*innen nach einer langen beruflichen Karriere vielleicht früher in den Ruhestand gehen können. Es gibt keine einfachen Wege, mit diesen Veränderungen umzugehen, und es müssen viele Perspektiven einbezogen werden. Das können wir nur gemeinsam mit allen Beteiligten gut machen. 

Sie erwähnten die Weiterqualifizierung im Beruf: Ist die HHLA da gut aufgestellt?
Ich habe im Mai 2020 die Verantwortung für Personalentwicklung der HHLA unter anderem mit dem Ziel übernommen, sie eng mit unserer gesamthaften Unternehmensstrategie zu verknüpfen. Das bedeutet auch, im Bereich der Qualifizierung verstärkt auf übergreifende Anforderungen zu schauen, wie beispielsweise die Fähigkeit zur komplexen Problemlösung oder den Umgang mit Transformation und Digitalisierung. Da haben wir, wie viele andere Unternehmen auch, noch einen langen Weg vor uns. Diese Formate und Inhalte entwickeln wir aber derzeit.

Bringt ein Mehr an Digitalisierung im Hafen auch automatisch mehr Eigenverantwortung und Entscheidungsspielräume mit sich?
In vielen Tätigkeiten ist die Komplexität der Aufgaben deutlich größer geworden, und damit sind auch die Entscheidungsspielräume gewachsen. Man kann nicht mehr jedes Detail mit Vorgesetzten abstimmen, wenn Handeln gefordert ist. Auch die Menge derjenigen, die von Entscheidungen betroffen sind, ist oft unüberschaubar. Ein Beispiel für solches Tätigkeitsfeld ist die Terminalentwicklung. Was dort beschlossen und umgesetzt wird, strahlt weit über das eigene Terminal hinaus und betrifft auch die Zusammenarbeit mit externen Partnern und Kunden. Es gibt also viel mehr Auswirkungen auf Kolleg*innen anderswo. Deshalb muss man übergreifend denken und verantwortungsbewusst handeln – und wenn es nur um eine kleine Software-Änderung geht.

Was sind die Vorteile eines Dualen Studiums, bei dem die HHLA der Partner für den beruflichen Praxisteil ist?
Zunächst einmal ist es für uns ein hoch attraktives Modell im Sinne der Markenbildung als Arbeitgeber HHLA. Die meisten Abiturient*innen von heute würden eine klassische Ausbildung bei uns gar nicht in Erwägung ziehen, sie wollen ein Studium oder eben dual studieren. Da passt das Duale Studium sehr gut, als ein Mix aus akademischer Bildung an der Hochschule und sehr praxisorientierter Ausbildung. Bei einigen Studiengängen gehören auch Auslandsaufenthalte dazu. Und hier bei uns im Unternehmen erleben die Teilnehmenden die Einbindung in eine Abteilung und in konkrete Projekte. Da helfen sie uns schon richtig bei der Projektarbeit. Wer das absolviert hat, kann bei uns gut qualifiziert einsteigen. Das macht es für uns und die Studierenden so attraktiv. Daher bieten wir Duale Studien jetzt auch in weiteren Berufsbildern an, zum Beispiel im Bereich Digitales Marketing.

Seit April 2020 läuft an der Hamburger Kühne Logistics University (KLU) eigens für die HHLA das maßgeschneiderte Corporate-MBA-Programm „Leadership and Supply Chain Management“. Was haben Sie als Arbeitgeber und die Absolventen davon?
Dieses Corporate-MBA-Studium ist strategische Personalentwicklung auf höchstem Niveau. Dort erhält man das Knowhow einer Privatuniversität, aber maßgeschneidert in Bezug auf die Themen und Bedarfe der HHLA. Hinzu kommt unser eigener Input, plus ein Paten- oder Mentorenprogramm auf der Geschäftsführungsebene des Unternehmens. Das ganze komplett englischsprachig, in internationaler Ausrichtung. Die Teilnehmenden, die wir dafür auch aus unseren internationalen Gesellschaften ausgewählt haben, sehen wir als zukünftige Führungskräfte und Verantwortungsträger an. Sie bringen ja alle schon eine hochklassige Ausbildung mit und setzten da den MBA mit den Schwerpunkten „Leadership and Supply Chain Management“ noch drauf. Für uns als HHLA ist das ein Weg, um im Management internationaler zu werden und mehr interkulturelle Kompetenzen aufzubauen. 

Ein Blick weit voraus ins Jahr 2050: Wird es noch Handarbeit im Hafen geben?
Ich glaube, auch im Jahr 2050 werden wir noch weit davon entfernt sein, dass sich Geräte selbst reparieren. Der technische Support für hoch komplexe Umschlagsgeräte wie Containerbrücken oder AGVs erfordert nach wie vor Handarbeit. Aber das Spektrum der Fähigkeiten wird überall viel breiter sein. Der Schraubenschlüssel reicht nicht mehr. Man muss auch wissen, wie die Systeme verknüpft sind und wie man sich darüber mit Menschen verständigt, die ganz andere Kompetenzen haben als man selbst. Ein Berufsbild wird viel weniger eindeutig festgelegt sein als heute. Vielleicht kommen wir ganz weg von festgelegten Berufen. Es wird immer mehr Mischformen aus sehr verschiedenen Anforderungen geben. Und trotzdem hoffe ich, dass ich nie in die Verlegenheit komme, Containerbrücken reparieren zu müssen – da ist die klare Abgrenzung zu meinem Beruf doch noch ganz sinnvoll.

Frauen in der Arbeitswelt der HHLA

Gleichberechtigung ist ein gelebter Begriff bei der HHLA. Selbstverständlich nicht nur in der Verwaltung, sondern auch im Hafen, in den Werkstätten und in der Terminalentwicklung sind Frauen ganz vorne dabei! 

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