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Stellen Sie sich vor: In der Metropolregion Hamburg gehören Drohnen zum Alltag – Gewebeproben werden zwischen Krankenhäusern und Laboren transportiert, Rettungs-Einsätze bei Unfällen oder der Straßenverkehr im Hafen dank Live-Bildern aus der Luft koordiniert. Und auch die Inspektion von Elbphilharmonie-Fenstern, Kaimauern und Containerbrücken lassen sich mit den Fluggeräten erledigen.
Ist das eine Zukunftsvision? Nein, sogar schon in der Erprobung! Die Stadt Hamburg ist auf bestem Weg, dies alles zur Realität werden zu lassen. Und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gibt wichtige Impulse bei der Erschließung des Luftraums für logistische Lösungen. Drohnen gehören wie Autos, Bahnen oder Schiffe mittlerweile zum Alltag. Sie sind sicher und können vielfältig wie ein Schweizer Taschenmesser eingesetzt werden.
Die Nachrichten der vergangenen Monate zeigen, dass sich Hamburg – zumindest in Europa – zur führenden Drohnen-Innovationsmetropole entwickelt. Es wurden Preise gewonnen, das Bundesforschungs- wie auch das Bundesverkehrsministerium vergaben großzügig Fördermittel. Viele Drohnenprojekte haben für großes Interesse auf dem ITS-Kongress in Hamburg gesorgt.
Am 25. Juni gewann HHLA Sky mit ihrem weltweit einsetzbaren Drohnen-Management-System den Deutschen Innovationspreis in der Kategorie Start-up. Die Tochterfirma der HHLA ist auch an dem Test eines sogenannten U-Space (bisher überwiegend ungenutzter Luftraum) beteiligt. Gemeinsam mit Droniq, der Deutschen Flugsicherung (DFS) und anderen Partnern wird sie ein Reallabor zur deutschen Umsetzung der EU-Vorgaben für ein Management des Drohnen-Luftraums einrichten. Wirtschaftssenator Michael Westhagemann sagt dazu: „Um ein Verkehrssystem für Drohnen zu testen und die Chancen und Herausforderungen zu erkennen und zu evaluieren, bietet der Hamburger Hafen die besten Voraussetzungen.“
Es hat sich einiges getan, seitdem die Hansestadt im Jahr 2018 als eine der ersten Städte offizielle Modellregion der Europäischen Union für die Erschließung ziviler Nutzungsmöglichkeiten von Drohnen- und anderen urbanen Luftverkehrstechnologien wurde. Start-ups im Bereich Hard- und Software haben sich gegründet, Projekte an den Hochschulen wurden aus der Taufe gehoben. Ein Netzwerk aus Innovatoren und Unternehmen ist entstanden.
Beispielsweise das Start-up Spherie, an dem sich die HHLA beteiligt hat. In Speicherstadt entwickelt es Drohnen, die das 360-Grad-Filmen und Virtual Reality-Anwendungen sowie 3D-Modelle ermöglichen. Im Interview sagt Geschäftsführer Nicolas Chibac: „Die Beteiligung der HHLA ist wichtig, um unsere Technologie weiterentwickeln zu können – unter anderem haben wir haben die Flugzeit von 3 Minuten auf 25 Minuten verlängert und arbeiten jetzt mit einer deutlich verkleinerten Drohne.
„Inspektionen werden eines der Hauptsegmente für Drohnenanwendungen“
Ebenfalls in Hamburgs Zentrum sitzt das Unternehmen Drone Industry Insights, das sich seit 2014 mit internationalen Marktstudien, als Beratungsunternehmen und Datenbank-Anbieter etabliert hat. Für den Verband Unbemannte Luftfahrt in Berlin hat das Unternehmen in einer Studie ermittelt, dass Deutschland mit 840 Millionen Euro inzwischen der größte kommerzielle Drohnenmarkt in Europa und weltweit der viertgrößte Ländermarkt nach den USA, China und Japan ist.
Gründer und Geschäftsführer Kay Wackwitz: „Hamburg hat mit dem vorhandenen Luftfahrt-Knowhow die richtigen Köpfe für das Business. Auch wenn Deutschland im Bereich Drohnen im internationalen Vergleich bei der Umsetzung noch sehr zögerlich ist, passiert hier in Hamburg im Vergleich zu anderen deutschen Städten wirklich viel – was ich großartig finde.“ Wackwitz fügt hinzu, dass auch in Hamburg noch viel Potenzial bei industriellen Anwendungen vorhanden ist, beispielsweise bei der Inspektion der rund 2.500 Brücken der Stadt.
Vorangetrieben hat diese Dichte an Aktivitäten in der norddeutschen Metropole das Luftfahrtcluster Hamburg Aviation, das schon 2017 das Drohnen-Netzwerk „Windrove“ gegründet hatte. Projektleiterin Daniela Richter: „Hamburg verfügt über außergewöhnlich gute Voraussetzungen. Als weltweit drittgrößter Standort der Luftfahrtindustrie sind hier sowohl technologische Kompetenzen als auch eine große Sensibilität für Fluggeräte bei Wissenschaft und Verwaltung vereint. Hamburg hat frühzeitig für anspruchsvolle Projekte den Test- und Pilotbetrieb unter Realbedingungen ermöglicht. Dadurch ist ein Erfahrungsvorsprung entstanden, der immer sichtbarer wird.“
Windrove bringt Nutzer, Gestalter und Anbieter von drohnenbasierten Services und Produkten aus Hamburg in einem Ökosystem zusammen und baut dieses Netzwerk national und international kontinuierlich weiter aus. „Der offene und lösungsorientierte Austausch fördert die Weiterentwicklung sowie den sicheren und fairen Einsatz kommerzieller Anwendungen“, so Richter.
Beispiel für Netzwerkerfolge von Windrove ist „Medifly“, ein Gemeinschaftsprojekt von sieben Industrie- und Software-Unternehmen sowie öffentlicher Einrichtungen unter der Leitung der GLVI Gesellschaft für Luftverkehrsinformatik. Nach einem ersten erfolgreich simulierten Transport von Gewebeproben mit einer Drohne zwischen zwei fünf Kilometer entfernt gelegenen Krankenhäusern in Hamburg werden ab 2022 Medikamente und Laborproben regelmäßig mitten im dicht besiedelten Stadtgebiet der 1,8-Millionen-Einwohner-Metropole transportiert.
Ein weiteres Hamburger Beispiel für die gut funktionierende Hamburger Zusammenarbeit von Industrie, Hochschulen und Start-ups ist das Projekt „UDVeo“: Ein Konsortium unter der Leitung der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität mit Beteiligung von HHLA Sky hat sich die Entwicklung einer behördlich autorisierten Leitstelle für den sicheren und effizienten Drohnenverkehr vorgenommen.
Denn während es für die traditionelle zivile und militärische Luftfahrt ein eingespieltes internationales Sicherheits- und Rechtssystem gibt, ist ein sicheres Gesamt-Management von Drohnenflügen innerhalb einer Großstadt nicht reguliert und erprobt. Die Europäische Kommission hat dazu im April dieses Jahres ein Regelwerk für das Management spezieller bisher überwiegend ungenutzter Lufträume („U-spaces“) veröffentlicht, das in allen Ländern der Gemeinschaft im Januar 2023 wirksam wird.
UDVeo will die regulatorischen Vorgaben in die praktische Umsetzung bringen – um eine große Zahl an Drohnen-Anwendungen innerhalb Hamburgs zu ermöglichen. HHLA Sky wird seine Expertise als kommerzieller Betreiber einbringen und für die Bereitstellung eines qualifizierten Drohnenbetriebes verantwortlich sein. Wenn die Tests erfolgreich verlaufen, wird Hamburg seine führende Rolle als Drohnen-Cluster sicher weiter ausbauen können.
Aktualisiert: 06.12.2021