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Drohnen gelten als "Game changer". Das sind Erfindungen, die einen Markt radikal verändern oder neu erschaffen können. HHLA Sky hat das erkannt will mit seinem mehrfach ausgezeichneten Leitstand und extrem sicheren Industriedrohnen einen Standard für die Drohnenlogistik schaffen.
Aber wie schafft das ein Unternehmen? Einen Markt zu erschließen, den es eigentlich noch nicht gibt? Wie stellt man innovative Teams zusammen und gibt ihnen Freiraum? Und wie nimmt man am besten die Hürden, zum Beispiel die Restriktionen und Vorschriften in der Luftfahrt? Matthias Gronstedt, Geschäftsführer von HHLA Sky, weiß viel über das Management von Innovationen. Und er verrät im HHLA Talk eine Menge darüber.
Der HHLA Talk wird sich heute um Innovationen drehen. Also um die Frage: Wie generiert man Ideen, wie macht man sie nutzbar? Kann man Innovationen organisieren? Und wenn ja, welches Umfeld ist dafür optimal? Wir haben uns jemanden eingeladen, der das alles wissen sollte. Immerhin hat sein Unternehmen, unser Corporate StartUp HHLA Sky, eine Menge Preise eingeheimst. Den Deutschen Innovationspreis 2021, in diesem Jahr den German Innovation Award und die Auszeichnung als Top 100 Innovator. Herzlich Willkommen: Matthias Gronstedt
Hallo Christian, vielen Dank für die Einladung. Schön, dass ich hier sein darf und dass wir über dieses wichtige Thema Innovation reden können.
Ja, du bist aus der Geschäftsführung von HHLA Sky. Deshalb erstmal herzliche Glückwunsche! Habe ich noch einen Preis vergessen?
Nein, ganz herzlichen Dank dafür, für den Glückwunsch und danke natürlich an unsere Teams, die da viel Arbeit reingesteckt haben. Und auch vielen Dank an unsere Unterstützer in der HHLA, die das überhaupt auch möglich gemacht haben, dass wir so arbeiten können, wie wir arbeiten.
Wofür habt ihr eigentlich diese wichtigen Auszeichnungen bekommen? Kannst du uns ein bisschen erklären, was das für ein Produkt ist?
Ja, wir haben vom Prinzip her ein Kontrollzentrum gebaut, einen Leitstand, so wie man es kennt, aus der Polizei oder von der NASA. Und über diesen Leitstand werden von einem PC aus über 100 autonome Drohnen oder fahrende Roboter gemanagt und gesteuert. Das ist das Innovative dabei. Und nicht nur die Steuerung und das Monitoring dessen, was da in der Luft passiert, ist innovativ, sondern auch das gesamte Prozessmanagement, das dahintersteckt.
100 Drohnen, das bedeutet ja nicht, dass da 100 Piloten sitzen, sondern wahrscheinlich nur einer oder zwei, bei einem kleinen Unternehmen, und die haben dann mehrere Drohnen.
Ganz genau. Das ist die Idee gewesen, dass man sagt, bisher werden Drohnen mit einer Fernsteuerung geflogen. Das ist eine "eins zu eins" Beziehung. Für ein Industrieunternehmen oder für ein Unternehmen, wie wir es sind, rechnet sich das nicht. Also war natürlich die Idee: Wie kriege ich eigentlich einen Piloten in die Lage versetzt, mehrere gleichzeitig zu steuern?
Und diese Drohnen, die müssen ja vermutlich auch besondere Anforderungen für die Industrie erfüllen. Ich denke da an Sicherheit oder wenn viele Drohnen autonom fliegen. Das war auch nochmal eine Herausforderung.
Absolut. Es ist nicht nur der Leitstand, der diesen Preis gewonnen hat, sondern natürlich auch die Drohnen. Wir haben Industriedrohnen entwickelt, das heißt, wir haben die Elektronik in den Drohnen entwickelt. Was muss da eigentlich rein, damit das Gerät auch industriefest wird? Dann haben wir die gesamte Software entwickelt, die auf der Drohne läuft, auf den Chip setzen, damit man die ganze Situation auch händelbar und wirklich sicher und auch cybersicher bekommt. Das ist ganz entscheidend.
Das hört sich nach einem recht komplexen Produkt an! Gab es denn da auch mal am Anfang so was wie eine Grundidee dafür?
Ja, am Anfang standen Drohnen aus dem Spielzeugbereich. Und dann war die Idee zu sagen, wie bekommt man eigentlich Drohnen für die Industrie nutzbar? Weil natürlich, der Gedanke liegt nahe, ich habe jetzt die dritte Dimension zur Verfügung für meine Geschäftsprozesse und eventuell Geschäftsprozesse, die ich heute noch gar nicht kenne.
Also die Luft.
Ganz genau, die Luft. Exakt. Das heißt, ich ersetze Hubschrauber, ich ersetze Hubsteiger, ich ersetze Gerüste, ich ersetze Leitern, ich ersetze Masten und das natürlich sehr flexibel und in Summe natürlich auch sehr viel günstiger. Das war die Grundidee. Und dann haben wir uns ran gemacht zu sagen, wie kriegt man das denn eigentlich hin.
In der Phase, du hast es eben schon angesprochen, als ihr auf die Idee gekommen seid, da waren ja Drohnen eher Spielzeuge - man lässt sie mal im Garten steigen und so. Das heißt, dieser Markt für industrielle Anwendungen, den gab es damals ja eigentlich noch gar nicht.
Das ist richtig. So ein Markt, der noch nicht existiert, der entsteht ja erst. Aber das ist eigentlich relativ klar gewesen, dass diese Drohnen, wenn man das richtig macht und für die industrielle Industrie verfügbar macht, dass das ein Riesenpotenzial hat. Also der zukünftige Markt, der ist jetzt im Entstehen ist, konkret, wirklich. Und der ist riesig, da sind unheimliche Potenziale. Aber wie es immer so ist am Anfang, wenn ein Markt entsteht, dann tummeln sich da natürlich viele, viele, viele, die ein Stückchen von der großen Torte abhaben wollen. So auch wir. Und deswegen sind wir glücklich, dass wir diese Innovationspreise gewonnen haben. Das macht es uns natürlich bei der Kundenakquise, also beim Angang an den Kunden einfacher zu erklären: Das ist wirklich was Besonderes, was wir hier gebaut haben.
Ich kann mir vorstellen, dass der Vertrieb da auch eine besondere Rolle spielt. Weil die Kunden noch gar nicht wissen, wie toll euer Leitstand ist. Die wissen teilweise noch nicht mal, wofür man Drohnen alles benutzen kann. Vermutlich hat der Vertrieb da bei euch auch einen besonderen Stellenwert?
Ja, absolut. Das ist ein Riesenthema. Und dafür bedarf es natürlich erfahrener Leute, die zum Beispiel das Thema Lösungsgeschäft als auch das Systemgeschäft wirklich kennen und beherrschen. Wenn man an so einen Markt rangeht, der noch nicht wirklich existiert, dann kann man ja keine Marktanalyse machen. So, das heißt, ich muss eine Potenzialanalyse machen, die dem vorauseilt. Und in dieser Potenzialanalyse, die wir natürlich konsequent durchgeführt haben, wird dann relativ klar, wer kann denn da und wer wird da Interesse und Bedarf haben an diesen Lösungen? Dann macht man ein Profiling und versucht herauszufinden, bei wem ruf ich als erstes an, damit ich möglichst schnell Erfolg habe? Wenn man das vernünftig macht und auch die Expertise besitzt, dann ruft man tatsächlich an und bittet um Termine, sich und das Produkt vorstellen zu dürfen.
Was du Potenzialanalyse nennst, das stelle ich mir ja an sich schon eigentlich als einen kreativen Prozess vor. Schließlich kann man da keine Datenanalyse drüber laufen lassen, weil man noch keine Daten hat, und muss Vorstellungsvermögen entwickeln. Da sind wir ja eigentlich schon ganz am Anfang auch wieder bei Innovation, oder?
Also Innovation ist ja letztendlich eine eine Neuheit, die direkten Nutzen bringt, also nicht zu verwechseln mit einer Erfindung.
Investitionen in Forschung sind Investitionen in Wissen. Und Investition in Innovationen ist Investition in Nutzen.
Das muss man ganz klar voneinander abgrenzen. Bedeutet, man nimmt aus der Forschung die letzten Ergebnisse und fängt an, daraus eine Innovation zu machen, die direkten Kundennutzen hat. Daran muss man sich eigentlich orientieren: Welchen Nutzen bietet das? Und auf Basis dieser Nutzenanalyse kann man dann natürlich feststellen: Für welche Kunden wäre das eigentlich relevant?
Das hört sich für mich so an, als bräuchte man schon in der Entwicklungsphase eine Menge Freiraum. Und ihr habt ja als Corporate Startup innerhalb der HHLA begonnen. Du warst von Anfang an dabei. Hattet ihr dann diesen nötigen Freiraum innerhalb der Konzernstruktur?
Ja, absolut. Das muss man ganz klar bestätigen. Wir haben die volle Unterstützung von unserem Vorstand und unserer Vorstandsvorsitzenden gehabt und das war natürlich die Grundvoraussetzung.
Wenn wir über Innovation reden, gibt es eigentlich vier Kategorien, die man betrachten muss, damit Innovation am Ende des Tages auch erfolgreich ist. Das ist ein innovationsorientierter Management, das ist das Innovationsklima, das sind innovative Prozesse und Organisationen, die man abbilden muss. Und dann geht es noch darum, was "Open Innovation" bedeutet. Wie kollaborativ kann ich in der Entwicklung meiner Produkte, meiner Ideen eigentlich sein? Das heißt, wie kann ich mit Externen umgehen? Das ist noch mal eine ganz entscheidende Sache. Und diese vier Kategorien muss man eigentlich berücksichtigen. Wenn man das sauber durchgedacht hat und durchdekliniert hat, wenn man da klare Vorstellungen hat, dann ist man auch in der Lage, das zu steuern.
Also dieser Freiraum, der muss nicht nur innerhalb des Konzerns, sondern er muss ja auch innerhalb eurer eigenen Organisation vorhanden sein. Wie organisiert ihr das, dass man da abteilungsübergreifend Freiräume schafft, dass man weiter kreativ ist?
Da spricht so ein ganz wichtiges Thema an, das hat natürlich mit geistiger Arbeit zu tun. Mit Kreativität, mit Leidenschaft, mit Willen. Dafür braucht es einfach Freiheit, geistige Freiheit. Das ist eigentlich entscheidend. Und auch so ein bisschen Ruhe natürlich und nicht ständig Feuer von außen. Ansonsten kommt man aus dem gewissen Flow, den jeder kennt, kommt man einfach immer wieder raus. So ein Freiraum bedeutet bei uns, wir haben gar keine Abteilungen mehr. Abteilung kommt für mich von Ab-Teilung. Und das fördert nicht das Miteinander, sondern jeder hat irgendwie seins zu tun und das war's dann. Aber das geht natürlich in einer kleinen Firma nicht und das fördert auch nicht die Interaktion, die man braucht und die Impulse, die man eigentlich benötigt, um letztendlich Innovation und Kreativität zu fördern
Abteilung kommt für mich von Ab-Teilung. Und das fördert nicht das Miteinander.
Also Kooperation statt Ab-Teilung?
Genau. Wir haben bei uns in der Firma keine Abteilungen mehr, sondern wir haben Fokus-Areas, Fokus-Felder, in denen jeder seine Qualifikationen hat. Zum Beispiel in der Forschung, in der Entwicklung, in der Programmierung, im Drohnenfliegen und all diese Dinge. Aber wir sind eigentlich in der Firma in Projekten organisiert, weil am Ende des Tages muss jede Aufgabe irgendwie erledigt werden und jede Aufgaben ist ein Projekt.
Bei uns läuft das so, dass man sich dann dazu melden kann, sagen: Ey, das hat, da habe ich Lust, so, das mache ich, das ziehe ich durch. Und dann sucht sich derjenige, der den Hut dann für das Projekt selber aufgenommen hat, der sucht sich dann Mitglieder, die ihn dann aus dem aus der Mannschaft bei uns aus dem Team am besten unterstützen können. Und so kriegen wir eine Verzahnung hin und auch eine kontinuierliche Verbesserung, einen kontinuierlichen Erfahrungsaustausch. Der ist wichtig!
Die Entwicklung des ersten weltweit skalierbare End-to-End-Drohnensystem erlaubt den sicheren Betrieb von Drohnen außerhalb der Sichtweite (BVLOS). Die Lösung kann vom Kunden vollständig in eigene Geschäftsprozesse integriert oder von HHLA Sky als Service betrieben werden. Das HHLA-Tochterunternehmen analysiert dazu die Anforderungen, findet im Dialog die jeweils passende, oft hochspezialisierte Lösung und setzt sie direkt um.
Ja, das klingt so, als bräuchte man dafür denn auch eine Menge von dem richtigen Spirit. Also wenn jemand sagt, okay, ich mache jetzt hier ein Projekt, wer macht mit? Und wenn sich dann alle wegducken, dann sieht es schlecht aus. Also vielleicht kann man so sagen, es ist bei euch keine Frage der Organisation, eher so eine Frage: Worauf kommt es bei euch an?
Ja, ich denke, es ist alles eine Frage des Willens und der Leidenschaft. Letztendlich muss man den Willen in sich tragen, die Dinge, die wir gestern gemacht haben, heute besser zu machen - und das nach vorne gerichtet! Das ist es, was unser Team eigentlich auszeichnet. Und kann man sich natürlich vorstellen: wer bewirbt sich bei uns zum Drohnenpiloten, zum Servicetechniker, zum System Engineer? Das sind alles Menschen, die an das Thema glauben, dass Drohnen eine riesige Zukunft haben. Und deswegen kommen sie mit Leidenschaft, mit Enthusiasmus und dem Willen, was Positives verändern zu wollen. Dasnent man intrinsische Motivation.
Also ich als Chef sage, wenn ich das so ausdrücken darf, ich kann für Motivation nicht sorgen, dafür bin ich nicht verantwortlich. Ich kann die Rahmenbedingungen schaffen, in einem Umfeld das ist meine Verantwortung. Genau wie beim Fußballtrainer. Der steht auch nicht auf dem Feld. Der kann nicht stürmen. Aber der Trainer sorgt dafür, dass die Mannschaft befähigt wird. Und das ist das, worum ich mich kümmere. Dass wir die Befähigung haben und das Team so zusammengestellt wird, dass wir letztendlich in die richtige Richtung unterwegs sein können.
Dann klingt das für mich so, als hättet ihr auch ein bisschen Glück, in der richtigen Branche unterwegs zu sein. Also eine Branche, die sich ja gerade neu erfindet, die es vorher gar nicht gegeben hat. Die Erfahrungen, die ihr hier macht, dass die Leute alle mit Leidenschaft dabei sind, kann man das auch auf andere Branchen übertragen? Lässt sich da auch Innovation so organisieren, in diesem Sinne?
Meine persönliche Meinung ist, man kann das auf alles übertragen. Das ist sicherlich möglich. Es gibt aber immer regulatorische Begrenzungen, im Sinne von Gesetzgebung, in der Buchhaltung und und und. Da wird es sicherlich relativ schwierig. Aber ansonsten glaube ich, kann man das auf alle Gebiete übertragen - wenn man denn will. Wenn man merkt, dass Dinge so nicht wirklich gut sind, dann muss man einfach mal die Herausforderung annehmen, etwas verändern zu wollen.
Und man muss sich bewusst sein: Ja, ich scheitere auch mal! Das ist ganz klar.
Man muss eben hingucken, dass man nicht zu oft scheitert. Das ist eben das Wichtige, weil sonst kostet es leider ein bisschen mehr Geld. Aber das gehört alles dazu. Man muss Dinge ausprobieren. Einfach mal machen, sage ich, aber konzentriert.
Du hast das regulatorische Element eben angesprochen. Das ist im Feld der Drohnen, glaube ich, manchmal ein bisschen frustrierend. Apropos: Kannst du kurz was zu euren Plänen sagen, autonom zu fliegen? Technisch sind die glaube ich schon ganz gut umsetzbar, aber regulatorisch noch nicht so gut.
Ja, das ist natürlich richtig. Was muss man da zuerst mal verstehen? Der Punkt ist der: Wenn man eine Drohne in die Luft bewegt, ist man ein Teilnehmer im allgemeinen Luftraum und damit unterliegt man Sicherheitsbedingungen, Sicherheitsvorkehrungen der Luftfahrt. Was wiederum bedeutet, man hat die EASA als maßgebliche Behörde dort, die dann vorschreibt...
EASA ist die Europäische Agentur für Luftsicherheit...
Genau! Also wie Drohnen operiert werden müssen, wie Drohnen gebaut werden müssen, schreibt die Behörde vor. Das haben wir zum Glück im Vorfeld relativ gut schon antizipiert, sodass wir da technologisch gut unterwegs sind. Und dann hat die EU-Kommission Drohnenverordnungen rausgegeben, die genau beschreiben, wie man das machen kann und die Mitgliedsländer müssen das umsetzen. Und so bewegt man sich immer in einem Raum, der dieser Regulatorik der Luftfahrt unterliegt und der Gesetzgebung.
Aber das Schöne ist, wir haben uns von Anfang an auf Industrieunternehmen konzentriert. Also ich fliege mit unseren Drohnen auf meinem Firmengelände und damit habe ich von den Luftraumbeschränkungen her eher weniger Restriktionen, als wenn ich jetzt im öffentlichen Raum fliegen würde. Also über meinem Grundstück darf ich fliegen. Das darf jeder normale Drohnen-Pilot. Bloß wenn ich mich von meinem Grundstück runter bewege, dann wird es regulatorisch, dann muss ich mir eine Erlaubnis bei der Luftfahrtbehörde holen.
Ihr habt also eine Art Work-Around gefunden. Ihr sagt: Okay, konzentriert euch jetzt als erstes mal auf Campus-Logistik, also Intra-Logistik und Räume, in denen man fliegen kann. 'U-Spaces' nennt man das wohl. Wie sieht da deine Perspektive aus? Wird das in den nächsten Jahren auch schon dazu kommen, dass über dem Hamburger Luftraum eure Drohnen in größerer Zahl fliegen? Was meinst du?
Das wäre natürlich super schön. Das ist allerdings nicht so ganz einfach, weil der Hamburger Luftraum ist eben - wie unsere gesamte Stadt - im kontrollierten Luftraum. Dadurch, dass unser Flughafen so ziemlich im Stadtzentrum liegt, ist es kontrollierter Luftraum, der besonderen Bedingungen unterliegt. Aber es wird daran gearbeitet, wie du sagst, einen U- Space einzurichten. Und es wird mehrere U-Spaces, also vereinte Lufträume zwischen bemannter und unbemannter Luftfahrt geben in Deutschland. Aber es gibt natürlich zum Beispiel in Niedersachsen weniger kontrollierter Luftraum, da kann man sich wesentlich freier bewegen. Dort haben wir zum Beispiel auch Testgelände von einigen Hektarn, wo wir unsere Technologie über große Strecken ausprobieren können, mit großen Geschwindigkeiten, bei unterschiedlichem Wetter.
Können wir vielleicht noch mal kurz erklären, was ein 'U-Space' ist?
Ein U-Space ist vom Prinzip her ein reservierter Luftraum über einem Gebiet. Stell ihn dir vor wie einen Schuhkarton.
Oder wie Terminals, Teile des Hafens...
Oder wie der Hafen oder wie die ganze Stadt Hamburg. Das ist ein Luftraum, der hat dann eine Begrenzung nach oben und dann wird letztendlich in diesem Luftraum der Drohnenverkehr koordiniert. Drohnen dürfen nicht zusammenstoßen bzw. wenn Rettungshubschrauber durch diesen Luftraum fliegen, was ja passieren kann, dann wäre es gut, wenn alle davon wüssten. Und darum geht es letztendlich bei bei einem U-Space zu sagen, hier ist ein definierter Luftraum. Den kann man über ganz Deutschland machen. Den kann man über Hamburg machen. Man definiert diesen Luftraum in 4D, sozusagen in Räumlichkeit und in Zeit. Und darin wird das koordiniert, wie wer wann wo wie abheben darf mit seiner Drohne, damit es nicht zu Unfällen und zu Schäden an Umwelt, Mensch und Gerätschaften kommt.
Das war ein kleiner Exkurs, und wir wollten ja eigentlich eher noch mal kurz auf die Innovation zurückkommen. Ihr wart am Anfang, kann ich mich erinnern, drei oder vier Leute.
Zu zweit oder zu dritt und irgendwann zu viert, nach einem Jahr.
Genau, das ging ja dann relativ schnell. Wenn man über Innovation spricht, dann hört man immer: Das Team ist entscheidend. Wie seid ihr das angegangen, dass ihr euer Team so erweitert habt, dass es dann nachher innovativ geblieben ist? Dass auch Leute dabei sind, die sich vielleicht um den administrativen Kram kümmern, vielleicht auch Leute, die sich mit Recht auskennen, wenn wir eben über Regulatorik gesprochen haben. Wie habt ihr das angepackt?
Wenn man Innovation tatsächlich treiben will, dann braucht es ein Umfeld, in dem Vielfalt herrscht. Und Vielfalt heißt für uns letztendlich Vielfalt in den Lebensläufen, Vielfalt in den Erfahrungen. Das ist entscheidend. Und so haben wir bei uns A320-Piloten, wir haben Automatisierungstechniker, wir haben Kapitäne bei uns, wir haben Navigationsspezialisten, wir haben Mikroelektroniker, wir haben Physiker, die bei uns KI machen. KI wurde von Physikern erfunden, also macht es Sinn, auch Physiker einzustellen. Wir haben Softwareingenieure und Softwarearchitekten. Und diese Vielfalt, die führt dann am Ende des Tages dazu, dass die Innovation auch tatsächlich stattfindet. Also die Menschen müssen schon eine sehr hohe Expertise haben in Ihrem Fachbereich.
Ja, aber vermutlich musstet ihr auch ein paar Neulinge an Bord holen. Das würde mich mal interessieren, wenn man so für diese Querschnittsaufgaben jemanden sucht. Was wäre so deine Frage, die du an den Bewerber stellst oder so, um rauszukriegen: Passt er bei euch ins Team?
Oh, das kann man natürlich mit einer Frage nicht wirklich klären. Erstmal sind natürlich die Grundvoraussetzungen gegeben, die die Aktenlage, sprich Zeugnisse, Lebenslauf zeigt. Und dann finden Bewerbungsgespräche statt. Wir machen 2 bis 3, um rauszufinden: Brennt da was? Brennt da was in den Augen? Ist da jemand, der was will? Und das versuchen wir rauszufinden. Und dann, dann kann man bei uns anfangen. Und das ist dann auch ein Stück weit, aus jeder Disziplin am Ende des Tages auch möglich, bei uns anzufangen. Dann geht es darum, also wenn jemand das Potenzial hat, dann das Potenzial zu fördern und letztendlich den Menschen zu befähigen, auch aus sich selbst herauszukommen und dann die Dinge zu erledigen, wo er zu in der Lage ist.
Das war so eine Art Übersetzung für das, was wir vorhin 'intrinsisch' genannt haben. Also versuchst du irgendwie herauszufinden, ob das eher so ein Verwalter ist oder jemand, der was erfinden will, was schaffen will, innovieren will. Gibt's das Verb eigentlich? Ich hoffe mal...
Na ja, wer weiß es schon, aber wir wissen immerhin, wovon wir sprechen. In einer kleinen Firma reicht es nicht, nur den einen Skill zu haben, sondern bei uns, weil wir eben eine kleine Firma sind, muss man eben auch mehr erledigen. Das heißt, die Mischung zwischen Allrounder, die Mischung zwischen Experte, die Mischung zwischen ganz erfahrenen Mitarbeitern und den ganz jungen Mitarbeitern. Da muss man eben darauf achten. Also wir haben in der Bandbreite von 23 bis 70 alles an Bord. Wir wollen diesen Erfahrungsschatz, den die Älteren haben, auf die Jüngeren zu übertragen, damit die irgendwann in der Lage sind, diese Firma auch übernehmen zu können.
Heute seid ihr ja kein Neuling mehr in dem Business, da drängen schon andere Spieler, andere Produkte auf den Markt. Wie geht ihr damit um? Ist es so, dass ihr vielleicht schon schauen müsst, ob ihr euch neu erfinden, ob ihr neue Produkte erfinden müsst?
Ja, das ist natürlich immer der Fall. Ganz klar, man muss immer den Puls der Zeit fühlen. Und daher geht es bei uns nicht nur darum, jetzt Drohnen zu fliegen, mit Hilfe des Leitstands, und die verfügbar zu machen, sondern es geht eigentlich um Fliegen, Fahren und Schwimmen. Wir werden alles betrachten, was sich bewegt, und das werden wir aus unserem Leitstand heraus steuern. Das heißt, wir reden über Mobile Robotic Management, also über mobile Roboter, die uns in Zukunft an vielen Stellen im Leben begegnen und unterstützen werden.
Zum Schluss möchte ich noch eine Frage stellen, die vielleicht ein bisschen hart klingt. Sind einzigartige Produkte dann überhaupt planbar oder muss da auch immer ein bisschen Glück mitspielen?
Glück spielt ja im ganzen Leben eine Rolle. Aber es ist schon ein Stück weit planbar. In der Form, dass Wachstumsfelder heutzutage sehr granular sind. Diese Wachstumsfelder zu erkennen, da gehört eine hohe Expertise dazu. Das heißt, ich muss in den Themen, die ich tue, wirklich sehr, sehr gut sein. Und dann bin ich auch in der Lage, in den Themenfeldern, die letzten offenen Flecken zu erkennen und da tatsächlich reinzustoßen. Aber das hat natürlich auch was mit Glück zu tun, das hat was mit Impulsen zu tun.
Wenn ich abends nach Hause fahre, irgendwann nach Feierabend, dann bekomme ich eine Idee, die schreibe ich mir auf. Am nächsten Morgen gebe ich die bei uns ins Backlog ein. Und so machen wir das eigentlich mit jedem. Jeder, der eine Idee hat, soll die aufschreiben. Die geht bei uns ins System rein, ins Backlog. Und die wird dann permanent beobachtet, um dann zu sagen: Jetzt passt es, jetzt machen wir das, jetzt gehen wir deine Idee an und jetzt wird sie umgesetzt.
Das klingt doch so, als wären da noch eine ganze Menge Ideen bei euch im Backlog. Da ist von euch sicherlich noch einiges zu erwarten. Matthias, vielen Dank, dass du da warst, und uns ein bisschen Einblick gegeben hast in das Innovationsbusiness.
Ganz herzlichen Dank, Christian, hat mir großen Spaß gemacht. Vielen Dank, dass ich hier sein durfte.
Damit haben wir heute wieder eine Folge abgeschlossen. Und wenn ihr informiert werden wollt über die nächste Folge, dann meldet euch am besten für unseren Newsletter an. Darin findet ihr immer einen Link zum aktuellen HHLA Talk. Bis zum nächsten Mal. Tschüss!
Aktualisiert am 21.07.2022