„Nicht nur über Nachhaltigkeit reden, sondern tun!“

Schnell und umfassend hat sich Metrans zu einem der nachhaltigsten Bahnoperateure gewandelt. Robert Groiss verrät, wie das gelang.

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Die HHLA-Bahntochter Metrans gehört zu den Vorreitern bei nachhaltiger Logistik. Sie fährt schon über 95 Prozent aller Schienen-Transporte zertifiziert CO2-frei* und setzt viele weitere Ideen auf ihren Terminals um. Welche Maßnahmen besonders wirksam sind, und was die EU für mehr Bahntransporte tun kann, haben wir Robert Groiss von der Metrans gefragt.

Herzlich Willkommen, Robert, beim HHLA Talk! Du bist bei der Metrans für Nach­haltigkeit verantwortlich, aber nicht nur dafür. Was gehört dort alles zu deinen Aufgaben?

Ich bin seit fünfeinhalb Jahren bei der Metrans, verantwortlich für das wichtige Thema Nach­haltigkeit und das Business Development. Außerdem bin ich noch für Förder­themen zuständig, für den Kontakt zu verschiedenen Verbänden und zur Europäischen Kommission. Da sind eine Menge Gesetzes­entwicklungen und Entwicklungen im Kombinierten Verkehr zu beobachten. Und dann der Ausbau von Terminals, speziell in Österreich, weil ich in Wien zu Hause bin.

Eine Menge interessanter Themen - aber lass uns mit eurer Offensive für den Klimaschutz beginnen.

Mich hat von Anfang an fasziniert, dass man bei der Metrans nicht nur über Klimaschutz redet, sondern auch tut. Den Startschuss hat allerdings eine gemeinsame Initiative mit der HHLA gegeben, die Strategie „Balanced Logistics“. Da gab es ein klares Ziel: Klimaneutral* bis 2040.

Wir haben uns zusammen­gesetzt und das Produkt HHLA Pure entwickelt. Die Bereitschaft des Metrans-Vorstandes, hier Geld in die Hand zu nehmen, um speziell im Transport nachhaltiger zu werden, hat mich fasziniert. Ich arbeite mein ganzes Leben schon in der Logistik und im Transport. Natürlich wissen wir, dass Transporte auch viele Emissionen produzieren. Aber bei Metrans wurde ein Projekt gestartet und sofort umgesetzt. Jetzt sind wir wirklich nachhaltiger und heben uns damit ab vom Wettbewerb.

Logistik hinterlässt insgesamt einen großen „carbon footprint“. Kannst du etwas konkreter schildern, wo genau die größten Emissionen entstehen, und was dagegen unternommen wird?

Wir sind hauptsächlich im Kombinierten Verkehr tätig und fahren die großen Strecken mit Elektro-Lokomotiven. Dadurch produzieren wir schon mal weniger CO2, und in Ländern wie Deutschland und Österreich fahren wir nur mehr mit grünem Strom. Letztendlich fahren wir die letzte Meile noch mit Diesel-Lkw, und auch auf den Terminals sind konventionelle Reachstacker im Einsatz. Aber im Vergleich mit der Straße haben wir nach Aussagen unterschiedlicher Experten 60 bis 70 Prozent weniger Emissionen. Das haben wir zum Anlass genommen, um unser Produkt HHLA Pure auszubauen.

Mit welcher Energiequelle könnte ein solcher Reachstacker in Zukunft angetrieben werden?

Sieht es auf den Metrans-Terminals ähnlich aus wie auf den Terminals der HHLA? Also alles elektri­fizieren und die Anlagen zum großen Teil mit Strom aus erneuerbaren Energie­quellen betreiben?

Ja, wir versuchen, überall elektrisch betriebene Kräne einzusetzen. Diesel­betriebene Reach­stacker sind aktuell noch nicht ersetzbar, aber wir beschäftigen uns natürlich damit, wie sie in Zukunft durch erneuerbare Energien angetrieben werden können. Es gibt bereits Prototypen solcher elektrisch oder mit Wasserstoff betriebener Reachstacker, doch welche Entwicklung sich hier durchsetzen wird, muss die Marktentwicklung zeigen.

Zusätzlich habt ihr auch ein besonderes Konzept, damit die Container auf dem Terminal gar nicht mehr umgefahren werden müssen. Ein Lager direkt unter dem Bahnkran….

Genau, wir stapeln bis zu drei Boxen übereinander direkt unter den Auslegern der Bahnkrane, als eine Art Zwischen­lager. Das heißt, ein erheblicher Teil der Menge muss gar nicht auf der Anlage hin und her fahren. Der Container kommt direkt von der Bahn, wird neben den Schienen gelagert und mit dem Kran gleich auf den ausgehenden Lkw gesetzt. Da brauchen wir keine Reach­stacker, alles wird elektrisch betrieben.

Insgesamt haben wir 28 Kräne. Im letzten Jahr haben wir speziell die großen Terminals wie Dunajska Streda, Ceska Trebova und Budapest von drei auf vier Kräne erweitert. Auf unserer größten Anlage in Prag laufen sogar sechs solcher Kräne. Das ist eine wichtige Entwicklung, aber es gibt noch andere. Zum Beispiel wird die Beleuchtung der Anlagen, früher mit herkömmlichen Strahlern ausgerüstet, auf LED umgerüstet. Bei den Bürobauten wird auch viel umwelt­freundlicher gebaut und Strom­ mittels Photo­voltaik gewonnen.

In Ungarn habe ich auch schon den ersten Elektro-Truck gesehen, für die letzte Meile!

Wir glauben, dass Elektrizität als Antrieb auf der Straße Vorteile hat, auch wenn es einige gute Wasserstoffprojekte gibt. Das probieren wir in Budapest schon mal aus. Zum Thema E-Trucks haben wir eine Experten­gruppe installiert, die sich das genau anschaut. Unser Ziel ist es, an den großen Terminals damit zu beginnen, die Flotten zukünftig elektrisch zu betreiben. Auch die letzte Meile muss schließlich CO2-frei werden.

In Ungarn testet Metrans mit Partnern bereits elektrisch betriebene Lkw.

Welche Stell­schrauben gibt es, um auch die Schiene noch klima­freundlicher zu machen?

Wir kaufen die umweltfreundlichsten Elektro-Loks, die mit dem geringsten Energie­verbrauch. Beim Rangieren auf den Terminals wurde früher alles mit Diesel-Loks bewegt. Heute haben wir mehrere Hybrid-Loks im Einsatz, die sowohl mit Diesel als auch mit elektrischer Energie fahren können, also von einer Batterie betrieben. Damit senken wir die CO2 Emissionen um über 50 Prozent.

Und dann haben wir schon vor längerer Zeit Waggons entwickelt, die leichter sind als die herkömmlichen Tragwagen für Container. Genau vier Tonnen leichter und auch flexibler zu beladen. Das heißt, wir können längere Züge fahren mit dem gleichen Energie­einsatz. Leider gibt es immer noch Strecken, speziell in Mittel­europa, die nicht elektrifiziert sind. Da werden wir zukünftig versuchen, Hybridloks einzusetzen.

Kannst du sagen, welche Projekte dir besonders am Herzen liegen?

Das ist wohl HHLA Pure. Als wir 2018 und 2019 die ersten Geh­versuche unternommen haben, waren wir noch so unterwegs, wie die meisten anderen Bahn­operatoren. Wir haben nur dann auf Zero Emission kompensiert, wenn der Kunde das verlangt hat. Naja, die Kunden waren eher zurückhaltend, aber die Verlader drängten auf mehr Nach­haltigkeit.

Deshalb sind wir 2020 /2021 den großen Schritt gegangen und fuhren alle Container zertifiziert CO2-frei* von Hamburg, Bremer­haven und Koper ins Hinterland zu allen Destinationen und vice versa. Das waren von den 1,4 Millionen TEU, die Metrans befördert, fast 1 Million. Die Kunden haben wir von Anfang an eingeladen mitzumachen.

Ein HHLA Talk im Grünen, vor dem Terminal Dunajska Streda.

Also war der Anfang eher schwer?

Einfach war es nicht, aber speziell von den Verladern gibt es großen Druck. Nach­haltigkeit ist in aller Munde. Somit haben wir uns im September 2023 entschieden, die Destinationen bei HHLA Pure zu erweitern. Jetzt haben wir auch Wilhelms­haven, Rotterdam, Danzig, Rijeka und Triest dazu genommen, dazu noch Duisburg als großes Binnen­terminal und unseren neuen Terminal Indija in Serbien. Damit fahren wir über 95 Prozent aller Metrans-Transporte CO2-frei*. Die Resonanz bei den Kunden, speziell bei denen, die schon HHLA Pure nutzen, ist sehr positiv. Ich denke, dass wir hier einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten, und zwar freiwillig.

 

Wir fahren über 95 Prozent aller Metrans-Transporte CO2-frei*.

Robert Groiss, Metrans

Du hast den Druck angesprochen, der von den Verladern kommt. Wie muss man sich den genau vorstellen?

Es sind vor allem unsere Kunden, also die Reedereien und Spediteure, die den Druck der Verlader am meisten spüren. Mit HHLA Pure bekommt man für den Transport auch ein Zertifikat. Das ist von großem Interesse für die Kunden.

Da noch nicht alle Strecken elektrifiziert sind: was passiert mit dem Rest? 

Zuerst einmal haben wir durch unsere Leichttragwaggons, die energieeffizienten Elektrolokomotiven und eine sehr hohe Auslastung unserer Züge im Vergleich sehr geringe spezifische Emissionen. Der verbleibende CO2 Anteil bei unseren Verkehren liegt in etwa bei 10 bis 20 Prozent im Vergleich zum reinen Lkw-Transport. Die restlichen Emissionen werden durch Klimaschutzprojekte nach Goldstandard kompensiert. Im Projekt HHLA Pure haben wir gemeinsam mit dem TÜV für die etwa 200 Relationen, die wir hier bedienen, den CO2-Ausstoß pro TEU ausgerechnet. Diese werden jährlich beim Audit durch den TÜV NORD adaptiert. Somit gibt es eindeutige Werte, wieviel CO2 je Relation gespart und kompensiert wird.

In anderen Bereichen scheint mir das Notwendige noch gar nicht erreicht. Ich denke da an mangelnde einheitliche Regulierung oder auch fehlende finanzielle Unterstützung durch die EU.

Da haben wir momentan ganz viele Themen, ausgehend vom Greening Freight Package der EU. Der erste Entwurf wurde im Sommer veröffentlicht. Nicht alles was im Entwurf steht, gefällt uns, weil dieses und jenes die Entwicklung des Kombinierten Verkehr negativ beeinflussen könnte. Hier müssen wir sehr aktiv mit unseren Verbänden auftreten, damit die Entwürfe schlussendlich mehr Kombinierten Verkehr ermöglichen.

Die Eisen­bahn­verkehrs­unternehmen brauchen mehr Entwicklungs­möglichkeiten, speziell die privaten Eisen­bahn­verkehrs­unternehmen. Ja, da gibt es momentan ganz viel zu tun, damit in den nächsten Jahren Gesetzesvorgaben entstehen, die eine gute Entwicklung des Bahnverkehrs und des Kombinierten Verkehrs ermöglichen.

Im Rahmen der EU gibt es verschiedene weitere Gesetze, die dafür sorgen sollen, dass die Transport­logistik klimafreundlicher wird. Geht das Ganze aus deiner Sicht in die richtige Richtung?

Prinzipiell sind die Ideen gut, aber noch nicht ganz optimal. Natürlich hat jeder Verkehrs­träger seine eigene oder sogar mehrere Lobby­organisationen. Manche davon versuchen, auf der Straße höhere Gewichte zu fahren, die bis jetzt nur im Kombinierten Verkehr möglich sind. Macht das Sinn?

Beim Bahnverkehr tut man sich sehr schwer mit der europa­weiten Harmonisierung. Hier gibt es Projekte, doch die gesamt­europäischen Vorhaben sind sehr ambitioniert. Der Kombinierte Verkehr kann beim Umwelt­schutz eine noch viel größere Rolle spielen. Entsprechende neue Rechenmodelle sind in Entwicklung, aber da muss viel mehr kommen als nur gute Ideen!

Und wenn du jetzt einen Wunsch frei hättest: was sollte im Sinne eines nachhaltigen Transports in der EU geschehen?

Der große Wunsch wäre mehr Bahn­infra­struktur, mehr Investment in diesen wichtigen Verkehrs­bereich. Wir sehen nämlich, dass hier nicht genug Trassen vorhanden sind. Die brauchen wir, damit weiteres Wachstum mit der Bahn möglich wird!

Veröffentlicht am 28.11.2023


* Die Berechnung des CO2-Fußabdrucks berücksichtigt Emissionen aus stationärer und mobiler Verbrennung (Erdgas, Diesel), aus importiertem Strom, Emissionen des Pendler-Berufsverkehrs sowie Vorketten der eingesetzten Energieträger. Der von der TÜV NORD CERT GmbH nach DIN ISO 14064-3:2020 verifizierte CO2-Fußabdruck wurde gemäß TN-CC 020 Standard durch Kompensationsprojekte nach Gold Standard ausgeglichen.