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Wie kann der Transport von Leercontainern vereinfacht und ihre Verfügbarkeit verbessert werden? Im HHLA-Talk hat Nick Poels, Leiter des Bereichs Transport Execution bei Transporeon, einige Vorschläge. Der bekannte Gründer ist heute Leiter des Bereichs Transport Execution bei Transporeon. Im Jahr 2013 gründete er SupplyStack und war 10 Jahre lang CEO des Unternehmens. Im Januar 2022 wurde SupplyStack von Transporeon übernommen.
Die Lieferketten auf der ganzen Welt werden immer wieder von Krisen durcheinandergebracht. Die Auswirkungen zeigen sich besonders in der Container-Schifffahrt und den Häfen. Welche Erklärung haben Sie dafür?
Darauf gibt es keine kurze Antwort, aber legen wir unseren Fokus einmal auf Container. Ein gutes Beispiel: im Juni vergangenen Jahres kam es zu einem Stau von rund 100 Schiffen in der Nordsee. Schiffe konnten an den Häfen zum Teil nicht abgefertigt werden, da es in den Depots keinen Platz mehr für leere Container gab. Die Hauptursache: Während der pandemiebedingten Disruptionen wurden aufgrund längerer Laufzeiten der Lieferketten mehr Container benötigt. Deshalb ist die Produktion von Containern stark gestiegen. Nachdem sich die Situation dann verbessert hat, bestand ein Überangebot an Leercontainern. Jetzt führt die geringe Nachfrage in Europa dazu, dass sich die leeren Container stapeln und die Überlastung der Terminals und Lagerhäuser zuzunehmen droht. Dies setzt auch die Containerpreise und die Leasingraten unter Druck und verursacht Lagerprobleme. Doch egal wo genau es im Einzelnen hakt, feststeht: Verspätungen und Staus summieren sich gerade in Krisenzeiten entlang der Transport- und Lieferketten.
Als eine Lösung schlagen Sie die Import-Export-Bündelung von Leercontainern vor?
Ja, das bringt klare Vorteile aber dafür müssen wir neue Wege zu gehen. Werden leere Container ohne Umwege vom Importeur zum nächstgelegenen Exporteur transportiert, dann entlastet das die Depots und Zwischenlager. Gleichzeitig lassen sich Transportwege und somit CO2-Emissionen einsparen, da Leercontainer bis zum neuen Einsatzort weniger bewegt werden müssen. Das senkt auch die Vorlaufzeiten und macht Lieferketten resilienter.
Welche technischen Voraussetzungen sind notwendig, damit die direkte Auslieferung von Leercontainern an den passenden Exporteur gelingt?
Die Basis für eine erfolgreiche Import-Export-Bündelung sind Echtzeit-Daten, also Real Time Visibility (RTV). Aktuell werden Leercontainer meist von Importeuren an Depots zurückgegeben, die sie später an Exporteure weiterverteilen. Um herauszufinden, welcher Container am effizientesten direkt vom Importeur an einen Exporteur weitergegeben werden soll, benötigt man vor allem eine kollaborative digitale Plattform mit Echtzeit-Sichtbarkeitsdaten auf Abruf. Hier kommt RTV ins Spiel. Eine realistische Schätzung der geplanten Ankunft, was wir Logistiker ETA nennen, lässt sich nur mit Echtzeit-Daten erreichen. Echtzeit-ETAs und Standortdaten sind für die effiziente und fristgerechte Routenplanung entscheidend.
Liegen diese RTV-Daten denn in den Unternehmen schon vor?
Häufig, ja. Aber es gibt eine Herausforderung: falls RTV-Daten bereits existieren, sind sie sehr fragmentiert und teilweise bei verschiedenen Stakeholdern oder über verschiedene Anwendungen verteilt. Möchte man mehr über den Status eines Transports wissen, muss ein System oft die Modalitäten und Sub-Aufträge aus mehreren Anwendungen aggregieren, um ein vollständiges Bild zu erhalten. Dieses Vorgehen ist aufwendig und oft schwer zu realisieren.
Ganz generell würde ein einheitlicher Datenaustausch die Interoperabilität zwischen allen beteiligten Akteuren der Lieferkette erhöhen. Dadurch können sie enger zusammenarbeiten und die Effizienz des Gesamtsystems steigen. Moderne Transportmanagement-Plattformen ermöglichen das. Anders ausgedrückt: Erst ein möglichst weit übergreifendes, gemeinsames Netz von Transportdaten bringt die Möglichkeiten von RTV voll zur Geltung.
Was bedeutet das im Hinblick auf Leercontainerfahrten?
Das Teilen von Standortdaten von Leercontainern schafft Transparenz unter den Akteuren. Wenn sie wissen, wo sich Transporte befinden, können sie sich untereinander bzgl. Leercontainerfahrten absprechen. Beispielsweise unterstützt der Transporeon Transport Operations Hub Spediteure bei der Verwaltung des Genehmigungsverfahrens für die Wiederverwendung eines leeren Containers, der von einem Kunden importiert wurde, durch einen exportierenden Kunden. Eine solche Genehmigung kann direkt von einem Seefrachtführer oder über eine Vermittlungsplattform erteilt werden.
Der Datenaustausch vereinfacht also die Kollaboration zwischen allen Beteiligten erheblich.
Genau, und dafür sind keine komplizierten Absprachen per Telefon oder E-Mail notwendig. Aber nicht nur das. Eine einheitliche kollaborative Plattform mit Echtzeit-Daten, die von ML-Algorithmen unterstützt wird, ebnet den Weg für Routenempfehlungen und Optimierungen, die das Zurückschicken oder die Weiterleitung leerer Container effizient verwalten.
Kann das Nutzen gemeinsamer digitalen Plattformen noch weitere Vorteile für die Verlader und Spediteure erschließen?
Wenn RTV, moderne Datenanalyse und der Netzwerkeffekt zusammenkommen, bringt das viele Vorteile. Die Daten, die zur Nachverfolgung von vielen Leercontainersendungen gesammelt werden, können zur automatischen Berechnung der optimalen Rückgabezeit und der Demurrage- und Detention-Kosten verwendet werden. Und perspektivisch lassen sich noch andere Herausforderungen lösen. Dazu gehören Staus in klassischen „bottle necks“ wie Häfen oder Kanälen oder auf ineffizienten Transportrouten.
Man könnte also zusammenfassen: Je mehr Echtzeit-Daten gesammelt werden und je mehr Akteure in einem gemeinsamen Netzwerk zusammenarbeiten, desto effizienter können Logistikprozesse gestaltet werden.
Mehr Effizienz kommt allen Beteiligten zugute – Importeuren und Exporteuren genauso wie Lkw-Spediteuren und Hafenterminals. Wenn wir gemeinsam die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren vereinfachen und verstärken sowie uns um eine höhere Effizienz bemühen, dann bereiten wir damit unsere Lieferketten wirklich auf die nächste Disruption vor!
Veröffentlicht am 5.5.2023