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Der Container, in den heute bekannten Standardmaßen, wurde vom US-amerikanischen Reeder Malcolm McLean in den 1950er Jahren erfunden. Er hat die Be- und Entladung von Schiffen nicht nur effizienter gemacht, sondern gleich die gesamte Logistik revolutioniert. Seine Lösung war so bahnbrechend, dass sie im Markt breite Akzeptanz fand und sich als „De-facto-Standard“ durchsetzte. Dafür gibt es sogar eine Definition: inoffizielle, aber allgemein als verbindlich akzeptiertes Produktmerkmal oder technische Lösung.
Das Patent von Malcolm McLean auf seinen Container konnte sich auch deshalb so gut durchsetzen, weil er seinerzeit lizenzgebührenfrei der Internationalen Organisation für Normung überließ. Er hoffte, dass die gesamte Logistik davon profitieren würde und der Erfolg seines Geschäfts nicht von einem Ladungsträger abhinge. So wurde der Container das, was unsere Open Logistics Foundation heute als Commodity bezeichnet: ein Dienst, der für die Unternehmen nicht wettbewerbsdifferenzierend ist und die Logistik in ihrer Gesamtheit besser machen kann.
Seit den Zeiten Malcolm McLeans ist die Logistik immer komplexer geworden und vernetzt sich rasant weiter. Optimierungspotenziale werden heute nicht mehr durch die physische Logistik, sondern durch die digitale Logistik gehoben. Was Mitte der 1950er Jahre der Container war, das ist im 21. Jahrhundert die Daten-Schnittstelle.
Schnittstellen sorgen dafür, dass die vielen Stakeholder in der Logistik – auf dem Wasser, auf der Schiene, auf der Straße und in der Luft – genau aufeinander abgestimmt interagieren können. Wer die vielen unterschiedlichen Schnittstellen überwinden will, der sollte heute nicht mehr auf Alleingänge setzen. Dieses Bewusstsein setzt sich bei den Logistikunternehmen in Deutschland und Europa langsam durch. Sie erkennen die Notwendigkeit einer gemeinschaftlichen Entwicklung von Open-Source-Software.
Dass bislang ausgerechnet in der Logistik so viele parallele und damit isolierte Lösungen für ein- und dieselbe Fragestellung entstanden sind, erscheint aus heutiger Sicht geradezu paradox. Denn die Logistik lebt wie wohl keine andere Branche davon, eine Vielzahl von Stakeholdern – vom internationalen Konzern bis zur lokalen Spedition – miteinander zu verbinden und zu vernetzen. Silodenken hilft da nicht weiter, erst recht nicht im Zeitalter der Digitalisierung, in dem die Währung „Interoperabilität“ heißt.
Der extreme Wettbewerbsdruck in der Logistik mag ein wesentlicher Grund dafür gewesen sein, dass sich Unternehmen in der Vergangenheit vorwiegend auf ihr eigenes Tun fokussiert haben. Dabei gibt es schon lange kaum mehr Berührungsängste, Software einzusetzen, die komplett oder teilweise auf Open Source basiert.
In der Bürokommunikation, in der Lagerverwaltung oder der Maschinensteuerung - laut Digitalverband Bitkom nutzen heute bereits sieben von zehn Unternehmen der deutschen Wirtschaft lizenzfreie Software. Das entscheidende Potenzial des Open-Source-Ansatzes bleibt so allerdings ungenutzt: die gemeinschaftliche Entwicklung der Software. Unsere Organisation, die Open Logistics Foundation, will genau das tun.
Vier international tätige Logistikunternehmen mit Sitz in Deutschland – Dachser, DB Schenker, duisport/Duisburger Hafen und Rhenus Logistics – haben die Stiftung Ende 2021 gegründet. Seitdem sind viele weitere Unternehmen, Logistiker und auch IT- und Softwareanbieter, aus zahlreichen Ländern dazugekommen. Uns verbindet die Überzeugung, durch Zusammenarbeit einen wesentlichen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der Logistikbranche in Europa und der Welt leisten zu können.
Die Zusammenarbeit konzentriert sich dabei ausdrücklich auf solche Bereiche, in denen Unternehmen gerade nicht im Wettbewerb stehen, aber bislang trotzdem eigene Lösungen entwickelt haben: die sogenannten Commoditys. Aktuelle Themen der Open Logistics Foundation sind beispielsweise der elektronische Frachtbrief im Güterverkehr und der One Record-Standard in der Luftfracht, für die bereits Referenzimplementierungen vorliegen, sowie eine Unterstützung bei der Sendungsverfolgung oder Zollprozessen.
Die Open Logistics Foundation ermöglicht es Unternehmen, die Kosten und Ressourcen in der Entwicklung von Software auf mehrere Schultern zu verteilen. Gleichzeitig – und dies ist vielleicht das wichtigste Anliegen – setzen sich Lösungen, die von vielen Unternehmen gestaltet werden, am Markt schneller durch. Über eine breite Akzeptanz der Lösungen werden so De-facto-Standards geschaffen.
In diesem Sinn bietet die Open Logistics Foundation Unternehmen aus der Logistikbranche – vom Logistikdienstleister über das Logistik-IT-Unternehmen bis zum Hafenbetreiber – einen Raum und einen Rahmen zur Entwicklung von Open-Source-Lösungen, basierend auf fairen und neutralen Prozessen und geleitet von gemeinsamen Werten und Grundsätzen.
Unternehmen können sich in einer globalen Open-Source-Community miteinander über aktuelle Herausforderungen austauschen, die alle gleichermaßen betreffen, in Working Groups ein gemeinsames Verständnis zur Lösung der Probleme herstellen und in konkreten Projekten gemeinschaftlich Software entwickeln und diese implementieren. Die Open Logistics Foundation versteht sich dabei als Enabler von Open-Source-Lösungen und übernimmt in dem Prozess die Rolle des Moderators.
Was den Vater des Containers, Malcolm McLean, ausgezeichnet hat, das lebt auch die Open-Source-Community der Open Logistics Foundation. Das offene Mindset der Mitglieder, die Bereitschaft, Wissen und Erfahrungen zu teilen, und eine wertschätzende Zusammenarbeit auf Augenhöhe haben Silodenken hier längst aufgebrochen.
Wer sich für die Foundation oder eine Zusammenarbeit interessiert, kann sich gerne bei mir melden!
Andreas Nettsträter: andreas.nettstraeter@openlogisticsfoundation.org
Oder auf unserer Webseite vorbeischauen: https://www.openlogisticsfoundation.org/
Veröffentlicht am 17.4.2024