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Der Container revolutionierte in den 1970er-Jahren die Schifffahrt und den Hafenumschlag in einem so hohen Tempo, dass die bürokratische Abwicklung der Abfertigung nicht mehr Schritt hielt. Begleitende Fracht-Informationen wurden bis dahin noch auf Papierformularen erfasst, die alle Stationen des Umschlags durchliefen: Seehafenspediteure, Kaibetriebe, Ladungskontrolle und Schiffsmakler. Ganze Stapel von Dokumenten wurden – oft mit Botenfahrzeugen – zwischen den beteiligten Firmen hin- und hertransportiert.
Dem machte im Sommer 1983 das unternehmensübergreifende „Datenkommunikationssystem“ DAKOSY ein Ende. Auch die HHLA war von Beginn an dabei, weil die Vernetzung der beteiligten Firmen einen schnellen und zuverlässigen Datenaustausch beim Seegüterumschlag im Hamburger Hafen ermöglichte.
Nun lieferten Computer per Knopfdruck die wesentlichen Identifikationsdaten einer Schiffsladung aufs Terminal. Die Abwicklung und Abrechnung der Transaktion wurde an das Tempo des physischen Güterumschlags angeglichen. Bis 1987 waren schon 136 Hafenunternehmen und Institutionen über DAKOSY vernetzt. Die damals „EDV“ abgekürzte Elektronische Datenverarbeitung wurde unverzichtbar für den Hafenbetrieb. Zunehmend fanden EDV-Fachleute und Informatiker einen Job im Hafen.
Die Fahrerkabinen der hochbeinigen Van-Carrier (VC) für den Containertransport auf dem Burchardkai der HHLA wurden schon 1984 mit „Datensichtgeräten“ (Displays) ausgestattet und über Funk mit dem Rechenzentrum verbunden. Eine Weltpremiere! Nun konnte die Position jedes einzelnen Containers auf dem Terminal noch während der Fahrt bestimmt und übermittelt werden, was den Umschlag beschleunigte.
Hafenarbeiter und Angestellte passten sich den technischen Entwicklungen schnell an. Manche, die bis dahin mit einfachen technischen Geräten die Waren bewegt oder mit Stift, Lineal und größter Sorgfalt Ladelisten geschrieben hatten, wurden zu Fahrern der neuen Großgeräte geschult. Andere lernten gerade erst geschaffene Berufe, wie den des Seegüterkontrolleurs.
Dieser Mitte der 70er Jahre entstandene Ausbildungsberuf setzte sich aus alten Hafenberufen zusammen, vorrangig aus dem Quartiers- und Tallymann, dem Külper und weiteren Kontrollfunktionen. Ab 1975 war die Ausbildung zum Seegüterkontrolleur in der Verordnung zur Berufsausbildung staatlich geregelt und löste die vormaligen Berufe ab. Doch auch der zunächst moderne Beruf des Seegüterkontrolleurs veränderte sich unter den Bedingungen des technischen Fortschritts. 2006 wurde die Berufsausbildung an die Veränderungen im Hafenbetrieb angepasst, und fortan bildete die HHLA „Fachkräfte für Hafenlogistik“ (FHL) aus.
Bei technischen Entwicklungen gehörte die HHLA stets zu den Vorreitern. So wurden etwa ab Mitte der 90er-Jahre auf dem Burchardkai die Container-Standorte mit einer Kombination aus dem neu eingeführten Satellitenortungssystem GPS und einem Kreiselkompass an Bord der VC bestimmt. 1997 folgte die satellitengestützte Optimierung der Fahrten im Containerlager. Computer beauftragen seitdem genau das Fahrzeug, das den kürzesten Weg hat, um einen Container zwischen Kaikante und Lager zu bewegen.
Der HHLA Container Terminal Altenwerder (CTA) ist hoch-automatisiert und zertifiziert klimaneutral. Speziell entwickelte Arbeitsabläufe machen den Containerumschlag besonders effizient.
WeiterlesenIhren modernsten Containerterminal eröffnete die HHLA im Jahr 2002 in Altenwerder. Der Containerterminal CTA wurde zur Bühne der nächsten gewaltigen Innovation des Umschlagbetriebs: dem Automated Guided Vehicle (AGV). Diese automatisierten, computergelenkten Containertransporter ersetzten die bis dahin von Menschen gefahrenen VC.
Über ein Netz von rund 15.000 in den Boden eingelassenen Transpondern wird ein Zentralrechner über den Verkehr in Echtzeit informiert. Dieser ermittelt den günstigsten Weg und den Kurs aller AGV. Ihr Einsatzgebiet ist die Strecke zwischen den Schiffsliegeplätzen und den ebenfalls automatisierten Lagerblöcken, wo die Container gestapelt werden. Heute, fast 20 Jahre später, lernen die AGV das Fahren mit Ökostrom. Bis 2022 stellt die HHLA die gesamte Flotte von Diesel- auf Batteriebetrieb um.
Wenn sich selbstfahrende Transporter und Lagerkräne auch auf den anderen Terminals im Hafen durchsetzen, stellt sich die Frage: Was tun die Menschen, die bislang am Steuer sitzen? Darauf gibt es keine einfache Antwort. Es wird darum gehen, die Menschen weiterzuentwickeln und neue Perspektiven für Tätigkeiten gemeinsam mit den Beschäftigten zu erschließen.
Auch in anderen Bereichen des Hafens schreitet die Automatisierung unaufhaltsam voran. So fahren die ankommenden Container-Trucks am Burchardkai heute schon durch ein Portal, das mit Kameras und Sensoren die Grunddaten der Stahlboxen selbsttätig erfasst und ins System stellt. Früher erledigten das bis zu fünf „Gate-Checker“. Künstliche Intelligenz (KI) kann es genauer und für die Trucker zeitsparender. Noch müssen Menschen aber ihren nicht fehlerfreien KI-Kollegen „über die Schulter“ schauen.
Eines ist im Rückblick klar: Wäre der Hamburger Hafen bei den Modernisierungen seit Mitte des 19. Jahrhunderts nicht voran gegangen, gäbe es ihn heute als wettbewerbsfähigen „Welthafen“ nicht mehr. Vielleicht wäre es ihm so ergangen, wie dem einst größten Hafen der Welt in London, wo das letzte Hafenbecken 1980 schließen musste.
Die Londoner Hafenplaner hatten sich für einen schleusenbewehrten Dockhafen entschieden, während man dieses Konzept in Hamburg schon 1862 ablehnte – zugunsten des damals revolutionären „offenen Tidehafens“. Mehr als hundert Jahre bevor der Container in Hamburg Einzug hielt, wurden mit dieser Entscheidung die Weichen in Richtung Erfolg gestellt. Fortschrittlichkeit wird dem Hamburger Hafen auch künftig helfen, kommende Logistikrevolutionen für sich zu nutzen.
Veröffentlicht: 29.01.2021
Technologiesprünge vervielfachen die Produktivität im Hafen: von der Elektrizität über den Container bis zu den anwachsenden Datenströme
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