Quicklinks
Auch weit im Norden kann Solarstrom erzeugt werden. Bei HHLA TK Estonia kümmert sich Arvi Lugenberg darum, dass die Ausbeute an Sonnenenergie möglichst hoch ist und weiter steigt. Als nächstes nimmt er Wasserstoff in den Blick.
Im Hafen von Muuga, nahe der estnischen Hauptstadt Tallinn, versorgt ein Solarpark Lagerhäuser und Umschlagtechnik mit Öko-Strom. Als Leiter des Energiemanagements bei HHLA TK Estonia kümmert sich Arvi Lugenberg um ständige Verbesserungen und die Erweiterung der Anlage. Es ist für ihn nicht irgendein Projekt, sondern er hat seine Berufung gefunden.
Wer aufs Dach der Lagerhäuser von HHLA TK Estonia steigen will, muss die eisernen Stufen einer Feuerleiter erklimmen. Hier ist Arvi Lugenberg, Leiter des Energiemanagements in dem estnischen Tochterunternehmen der HHLA, eine Zeitlang jeden Tag und bei jedem Wetter hochgeklettert. Aber nicht wegen des tollen Panorama-Blicks über den Hafen von Muuga, sondern um nach seinem „Baby“ zu schauen.
Denn dort oben steht der größte Solarpark im Hafen von Muuga, nahe der Hauptstadt Tallinn. Als Projektleiter hat Arvi ihn mit seinem Team aufgebaut und ist stolz darauf: „Trotz der Lage Estlands, hoch im Norden Europas, fahren wir eine gute Energieausbeute ein.“
An der estnischen Ostseeküste stürmt es häufig, deshalb machte Arvi sich anfänglich Sorgen um “seine” Solarkollektoren. Aber bisher lagen sie nur nach einem wirklich schweren Sturm auf der Seite und konnten leicht wieder aufgestellt werden. Auf dem Dach prüft Arvi als Erstes die Wechselrichter. Sie machen aus dem Gleichstrom, den die Solarzellen aus der Sonnenstrahlung produzieren, den für das normale Stromnetz geeigneten Wechselstrom. In einem kleinen Display zeigen sie die aktuelle Stromproduktion an.
Heute hat der erste Teil des Parks um zehn Uhr schon mehr als 110 Kilowattstunden (kWh) produziert. „Das war ein sonniger Vormittag“, freut sich Arvi und erklärt, dass dieser Teil der Kollektoren auf die Morgensonne ausgerichtet ist. Die anderen beiden stehen leicht versetzt bzw. quer, um die Mittags- und die Abendsonne besser einzufangen. Theoretisch könnte man sie auch auf drehbaren Zargen platzieren, aber für eine solche Investition sind die Strompreise zu niedrig. Es würde sich nicht rechnen.
Vielleicht könnte man senkrechte Panele an der Außenwand anbringen? Der Energiespezialist denkt darüber nach, wie man die geringe Strahlung der Wintersonne besser einfängt, die im nordischen Winter sehr tief steht. Außerdem wären die Kollektoren dann nicht von Schnee bedeckt - aber solche Verbeserungen können noch warten.
Im estnischen Sommer mit seinen sehr langen Tagen reicht der produzierte Strom meist aus, um den Terminalbereich in der Nähe zu versorgen. Nicht nur die Lagerhäuser mit Kühl- und Lüftungsanlagen, auch die Geräte in der nahegelegenen Werkstatt mit Büro sowie ein Hafenkran können an sonnigen Tagen vollständig mit eigenem, grünem Strom betrieben werden. Der Überschuss wird in das Stromnetz des Hafens eingespeist.
Natürlich kann Arvi die Zahlen dazu aus dem Gedächtnis präsentieren. „Die Solaranlagen haben eine Gesamtkapazität von ca. 240 Kilowatt-peak, was die Leistung eines Solarmoduls unter definierten Bedingungen beschreibt. So erzeugen sie durchschnittlich 720 kWh pro Tag.“ Im Mai produzierten die Module schon 46.000 kWh, was etwa die Hälfte des Verbrauchs auf dem Stückgut-Terminal deckte.
Arvi erzählt das auf Deutsch, denn er hat ein Jahr in Deutschland verbracht. An der Fachhochschule Kiel konnte er Seminare zu erneuerbarer Energie belegen. Das bot die TU Tallinn, wo er Energie- und Elektrotechnik studierte, damals nicht an. Nach dem Studienabschluss arbeitete bei verschiedenen Firmen, dann ging er als Dozent zurück zur TU Tallinn.
Schon nach einem Jahr an der Universität stellte er fest, dass er seine Vorträge und Seminare jedes Jahr wiederholen muss. Über eine Anzeige wurde er auf HHLA TK Estonia aufmerksam. Er kannte die HHLA aus Hamburg, wo sie ihren Hauptsitz hat. “Der Hafen, das wäre doch was ganz Neues!” dachte er und bewarb sich. Schon am nächsten Tag rief ihn der Personalchef persönlich an. Die beiden wurden sich schnell einig.
Passt perfekt, könnte man denken. Tatsächlich scheint Arvi seine Berufung gefunden zu haben, denn er hat noch viel vor. Die Installation von weiteren Solarmodulen auf den Dächern hat bereits begonnen, weitere Flächen werden geprüft. Ein größeres Modul mit 400 kWp Leistung soll in naher Zukunft die fahrbaren Portalkräne im Containerlager mit grünem Strom versorgen. Arvi schätzt, dass die jährliche Stromproduktion der gesamten Solaranlage dann deutlich über 600 MWh liegen wird.
Aber damit ist die Mission noch nicht erfüllt, seine Pläne reichen weiter. „Es wäre günstiger, mit dem Strom aus den Solaranlagen Wasserstoff zu erzeugen,“ erklärt der Energiespezialist. „Auf diese Weise, also in Form von Wasserstoff, kann grüner Strom gespeichert und dann später für den Betrieb von Fahrzeugen oder Kränen eingesetzt werden.“
Wir bei der HHLA wollen im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie bis 2040 klimaneutral werden. Wasserstoff leistet dazu als Energieträger einen wesentlichen Beitrag.
WeiterlesenDas ist eine sehr wirtschaftliche Idee. Solarstrom fällt oft in großen Mengen an, wenn die Sonne kräftig scheint. Dann sind die Preise für die Einspeisung ins Stromnetz allerdings noch geringer als sonst. In den Stunden ohne Sonnenschein muss der Strom teuer zurückgekauft werden.
Das hat auch die Hafenbehörde Port of Tallinn erkannt, zu dem der Güterhafen Muuga gehört. Dort wird ein Elektrolyseur geplant, der Wasserstoff mit Strom aus regenerativen Quellen erzeugen soll. Zwar geht die Anlage frühestens 2025 ans Netz, aber Arvi freut sich jetzt schon auf die Herausforderungen, die mit dem neuen Energieträger Wasserstoff auf ihn zukommen werden.
Veröffentlicht am 4. August 2023